Fertiggerichte made in München: Authentische ukrainische Küche aus dem Eisfach

München - Das ist meine Wohnung", sagt Tanja. Ihr Handybildschirm zeigt eine Hochhaussiedlung: Das mittlere Gebäude brennt, Rauch quillt aus den zerstörten Fenstern. Tanjas Wohnung liegt im linken Haus. Wären die Bomben einige Meter weiter eingeschlagen, hätten ihr Mann und ihr Sohn nicht überlebt. Die beiden wohnen noch immer in Kiew, Tanja kam mit ihrer Tochter vor zwei Jahren nach Deutschland: "Wir waren eine sehr glückliche Familie. Jetzt ist die Situation dramatisch."
Täglich telefoniert die 46-Jährige mit ihrem Mann. Wenn sie den Hörer abhebt, hat sie Angst, jedes Mal. Wurde er vom Militär eingezogen? Wo sind die Bomben heute eingeschlagen? Tanja lächelt viel, setzt der quälenden Ungewissheit Herzlichkeit entgegen. "Ich lenke mich mit Sport ab. Und der Arbeit."
"GastroOma" in München: Es wird frisch gekocht, dann sofort eingefroren
Sie arbeitet bei "GastroOma", zusammen mit 13 weiteren ukrainischen Frauen. Das Konzept: Knapp 50 osteuropäische Gerichte, die frisch gekocht und dann sofort eingefroren werden. Man erhält sie online oder in den Pasing-Arkaden. Eine kleine Auswahl der Speisen kann dort auch im angegliederten Café gegessen werden; sie soll die Kunden auf den Geschmack bringen. Tiefkühlware de luxe also. Entsprechend kurz sind die Zutatenlisten - keine künstlichen Inhaltsstoffe, sämtliche Teigwaren werden per Hand gefertigt.

Das kostet: die Rote Beete-Suppe "Borschtsch" stolze 12,49 Euro (900g), Pelmeni mit Fleischfüllung 6,99 Euro (400g), Pfannkuchen mit Mohn und Kirschen 7,49 Euro (490g). "Die Pfannkuchen kaufe ich jeden Tag selbst, so gut schmecken die mir", sagt Tanja und lacht.
Die "GastroOma" ist vielleicht nicht ganz günstig, dafür aber Restaurantqualität
Für Tiefkühlware sind die Produkte ziemlich teuer, haben dafür aber Restaurantqualität: gut abgeschmeckt, frisch - der befürchtete Qualitätsverlust bleibt aus. "In der Ukraine gibt es eine Firma mit über 800 Stores, die sehr ähnlich arbeitet. Jetzt wollen wir das Konzept in München umsetzen", erklärt Inhaber Maksym Nikonov. Auch er floh nach Deutschland, zusammen mit seinem Geschäftspartner. "Wir wollten arbeiten. Wenn man die Sprache nicht kann, muss man etwas mit seinen Händen machen – oder ein eigenes Projekt auf die Beine stellen." Als sie erfuhren, dass es die "GastroOma" in Neuss gibt, kauften sie kurzerhand einen Franchise-Ableger für München. Seit Dezember 2023 führen sie nun den Shop, bald sollen Kooperationen mit Lieferdiensten hinzukommen.

"Für uns hat sich alles verändert", sagt Maksym. "Wir hatten ein gutes Leben, jetzt müssen wir in Deutschland bei Null anfangen. Wir haben viel in diesen Laden investiert. Hoffentlich läuft er." Die beiden wünschen sich ein rasches Ende des Krieges. Danach wollen sie mit ihren Familien entscheiden, wie es weitergeht, könnten sich aber durchaus vorstellen, auch in Deutschland zu bleiben. Ihre Kinder sollen hier später eine gute Universität besuchen.
Auch Tanja spricht viel von ihrer 14-jährigen Tochter. Sie scrollt durch ihr Handy: Die zerbombte Wohnung verschwindet, ein junges Mädchen in Cheerleader-Kostüm taucht auf. Die beiden wohnen in Donauwörth, Tanja pendelt täglich zwei Stunden nach Pasing, um Tiefkühlprodukte zu verkaufen.
In der Ukraine war sie Medienproduzentin. "Ich bin sehr glücklich mit meiner Arbeit", sagt sie in flüssigem Deutsch und hebt ihre Stimme ein wenig an: "Ich darf unsere ukrainische Kultur in Deutschland präsentieren. Ich darf hier leben. Arbeiten. Geld verdienen. Meine Tochter unterstützen. Vielen Dank, Deutschland!"
In Donauwörth hat Tanja ein Kulturzentrum für ukrainische Flüchtlinge gegründet, im Oktober will sie den München-Marathon laufen. Ihr größter Wunsch ist aber: "Dass der Krieg aufhört und meine Familie wieder vereint ist."