Das sind die neuen Ideen für das abgebrannte Timofej-Kirchlein im Olympiapark München
München - Versteckt hinter üppigem Grün und blühendem Flieder führt ein offenes Gartentor in eine grüne Oase. Eine Enklave auf dem staubigen Gelände, wo das Sommer-Tollwood zuhause ist. Darauf verteilt: zwei weiße Häuschen mit türkisem Blechdach und eine Kapelle. Neben den Kieswegen wachsen Zwerghyazinthen, Tulpen und Maiglöckchen. Es ist ein Idyll.
Aber in der Mitte klafft eine Lücke, mit einem riesigen Haufen schwarz-angesengtem Schutt. Bis Juni 2023 stand hier das Timofej-Kirchlein. Der russisch-orthodoxe Eremit Timofej Prochorow hat es 1952 ohne Geld und Baugenehmigung aus Weltkriegsschutt gezimmert.

Neue Ideen für das abgebrannte Timofej-Kirchlein: Was Architektur-Studierende vorschlagen
Die ersten Ideen, was anstelle der schwarzen Brandreste treten könnte, präsentieren nun 32 Studierende vom Lehrstuhl für Architektur der Technischen Universität (TUM). Zur Eröffnung der Ausstellung haben sie Kommilitonen, Familie und Freunde dabei. Ihre Ideen stellen sie im alten Bunker in der Blumenstraße aus.

Was könnte auf den selbstgebauten Schwarzbau folgen? Darüber haben die angehenden Architekten debattiert und ihre Interpretationen gezeichnet. Herausgekommen sind 16 Entwürfe und selbst gebaute plastische Modelle.

Warum da nach dem Brand des Kirchleins überhaupt wieder etwas hin soll? Die Ost-West-Friedenskirche - so ihr offizieller Name - und der grüne Weiler haben bis heute viele Fans. Und deren besondere Entstehung ist längst ein Stück Stadtgeschichte.
Alt-OB Ude: War schon als keiner Bub zu Besuch bei Timofej
Das kann Alt-Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am besten erzählen, er hatte "Väterchen Timofej" schon als kleiner Bub besucht. "Durch eine Art Gebetsblockade mit seinen Unterstützern" habe es der Eremit damals geschafft, die Räumungsverfügung zu stoppen. Die Reitsportanlage für die Olympischen Spiele musste schließlich nach Riem ausweichen.

"Am Anfang dachten wir: Was, wenn da jetzt 16 mehr oder weniger gleiche Kapellen rauskommen?", sagt Katharina Haas. Sie sei selbst überrascht von der Vielfalt: Vom ausfahrbaren Ziehharmonika-Raum, zu einem Gewächshaus mit Hochbeeten, über ein Karussell bis zum orientalisch-anmutenden Blechtempel.
Entwurf für neues Timofej-Kirchlein: "Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann"
Der Entwurf von Emma Seidel (22) und Lucas Trischler (21) hat als Grundriss ein dickes Plus mit symmetrischen Seiten. Die Fassade ist aus türkisem Blech, läuft nach oben Spitz zu. Es gibt nur schmale Fenster nach draußen. "Es soll ein Ort sein, an dem man in sich zur Ruhe kommen kann", sagt Seidel. "Wo man sich hinsetzen kann, zum Nachdenken oder Meditieren."

Im Gegensatz zum Kirchlein sind die studentischen Entwürfe nicht voller Kreuze und Heiligenikonen. Es soll, so habe es sich Timofej vor seinem Tod gewünscht, ein Ort für alle sein, egal ob gläubig oder nicht. "Ein Ort des Friedens und der Begegnung", wie Christian Ude sagt.

Ein weiteres Modell zeigt einen Turm aus Hunderten, einzeln ausgesägten Specksteinen, oben eine kreisrunde Luke aus buntem Glas. Für die Modelle haben die meisten Teams zwei Wochen in der Werkstatt verbracht. Im Ausstellungsraum sind an dicken türkisen Fäden weiße Schautafeln mit Erklärungen und Zeichnungen abgehangen. Alles ist liebevoll arrangiert. Viele Details, wie die silbernen Folien, erinnern an die verspielte Timofej-Welt im südlichen Olympiapark.

Alt-OB Ude: "Timofej war der erfolgreichste Hausbesetzer der Stadt"
Im ersten Stock zeigen die Studierenden Fotos des Eremiten beim Bau des Kirchleins – mit seiner Frau Natascha auf dem Dach. Und Besucher erfahren, wie Timofej für sein Kirchlein ausgerechnet den Fuß am Schuttberg des Oberwiesenfelds ausgesucht hat.

Das Publikum drängt sich jetzt im ersten Stock zusammen. Christian Ude steht am Mikrofon. "Timofej war bis heute der erfolgreichste Hausbesetzer der Stadt". Die bayerische Polizei verfolge seit jeher das Ziel, jede Hausbesetzung innerhalb von 24 Stunden aufzulösen. Bei Timofej habe das 70 Jahre nicht geklappt. An die Studierenden gerichtet, klingt es wie eine Verheißung, nach dem Motto: Traut euch was und gebt nicht zu viel auf Bauvorschriften.
Die Ausstellung ist vorerst bis 30. April täglich von 14 - 18 Uhr in der Blumenstraße 22 zu sehen.
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