"Das gab es noch nie in der hiesigen Flora": Klimawandel bringt eine seltene Orchidee nach München

Botaniker haben die streng geschützte Bienen-Ragwurz gleich auf mehreren Trockenwiesen in der Stadt entdeckt. Wie kommt sie hierher?
von  Irene Kleber
Neuerdings Münchnerin: die Bienen-Ragwurz. Die sehr seltene und geschützte Orchidee kommt sonst in sehr warmen Gegenden Europas, in Nordafrika Kaukasien und Vorderasien vor.
Neuerdings Münchnerin: die Bienen-Ragwurz. Die sehr seltene und geschützte Orchidee kommt sonst in sehr warmen Gegenden Europas, in Nordafrika Kaukasien und Vorderasien vor. © Franziska Wenger, LBV

München - Erst konnten sie es kaum glauben, dann haben die Botaniker beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) gejubelt. Tatsächlich, in München ist auf verschiedenen (Trocken)Wiesen in Langwied, Allach und Riem eine neue Orchidee aufgetaucht: die wunderschön zartrosafarbene, seltene und streng geschützte Bienen-Ragwurz. Zehn bis 35 Zentimeter hoch wird diese Orchidee, sie trägt teils zehn, manchmal sogar bis zu 20 auffällige Blüten, die einer weiblichen Biene ähneln.

Die Bienen-Ragwurz ist sonst eher in Nordafrika, Kaukasien und Vorderasien verbreitet

"Das gab es noch nie in der hiesigen Flora", erklärt Heinz Sedlmeier von der LBV-Kreisgruppe München. Die Bienen-Ragwurz ist sonst eher in sehr warmen Gegenden Europas, in Nordafrika, Kaukasien und Vorderasien verbreitet. Selten hat man sie auch in warmen Gegenden Deutschlands schon gesehen, wie am Niederrhein, in Thüringen, Saarland und im südlichen Teil Niedersachsens. Warum sie sich plötzlich in München wohlfühlt? Sie bekommt, wie andere Orchideenarten auch, Starthilfe durch einen Wurzelpilz, auf den sie zur Keimung angewiesen ist. "Der Pilz, mit dem die Bienen-Ragwurz in Symbiose lebt, ist wärmeliebend", erklärt der Pflanzenexperte, "so profitiert sie von den höheren Durchschnittstemperaturen, die der Klimawandel verursacht."

"Bitte nicht pflücken oder ausgraben!"

Woher genau die Orchidee nun gekommen ist, haben die Botaniker noch nicht geklärt. Ihre winzig kleinen Samen können mit Höhenwinden über sehr weite Strecken transportiert werden. "In München ist die Bienen-Ragwurz gewissermaßen eine Zuagroaste", scherzt Sedlmeier. Einen wichtigen Hinweis hat er noch für alle Münchnerinnen und Münchner,  und vor allem für Pflanzensammler. "Wir bitten darum, die streng geschützten Bienen-Ragwurze auf keinen Fall zu pflücken oder auszugraben." Zum einen sei das eine Straftat per Bundesnaturschutzgesetz. "Zweitens würden die seltenen Orchideen nach einer Umpflanzung in den eigenen Garten eingehen, weil sie den Wurzelpilz zum Überleben brauchen." Sowieso, sagt er, bewundert man Naturschönheiten am besten dort, wo sie auch tatsächlich zu Hause sind, nämlich in der Natur.

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