Das Geld muss raus!

Obwohl die Bayern wissen, was 2009 auf sie zukommt, stürmen sie die Geschäfte. An diesem Samstag drängen über 200000 Menschen in die Münchner Innenstadt.
von  Abendzeitung
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Obwohl die Bayern wissen, was 2009 auf sie zukommt, stürmen sie die Geschäfte. An diesem Samstag drängen über 200000 Menschen in die Münchner Innenstadt.

Wir pfeifen auf die Krise und kaufen noch mal richtig ein! Im Jahr 2009 bricht die Wirtschaft ein, die Arbeitslosigkeit wird steigen. Das weiß mittlerweile jeder in Deutschland. Eigentlich müsste das gesamte Weihnachtsgeschäft deshalb ins Wasser fallen. Vor ein paar Wochen kündeten die Umfragen an, dass die Deutschen zehn Prozent weniger Geld für Weihnachtsgeschenke ausgeben wollen als im vergangenen Jahr. Von wegen! Die Händler frohlocken über steigende Umsätze. An diesem Wochenende wird in München ein Riesen-Ansturm erwartet. Die AZ erklärt den Weihnachts-Boom.

Wie viel Geld geben wir für Geschenke aus?

Einer Forsa-Umfrage zufolge wollen 30 Prozent der Deutschen zwischen 200 und 500 Euro investieren, fast genau so viele 100 bis 200 Euro. 18 Prozent geben zwischen 50 und 100 Euro aus, elf Prozent möchten mehr als 500 Euro ausgeben, acht Prozent 50 Euro und weniger.

Was geben Eltern für ihre Kinder aus?

306 Euro pro Kind, ermittelte das Umfrageinstitut Gewis. Die Höhe hängt vom Alter der Kinder ab: Die Kleinsten im Alter bis zu zwei Jahren bekommen im Durchschnitt 154 Euro, die über 12-Jährigen bekommen mit 391 Euro mehr als doppelt so viel.

Welchen Einfluss hat die Finanzkrise?

„Die Bayern sparen trotz der Finanzkrise nicht beim Geschenke-Kaufen“, sagt Bernd Ohlmann vom bayerischen Einzelhandelsverband. Manche hätten zwar ein mulmiges Gefühl gehabt. „Das ist jetzt aber gewichen.“ Die Gründe: Der Arbeitsmarkt sei noch stabil, die Inflation gering, und die Energiekosten sinken. „Das, was die Leute weniger an der Tankstelle zahlen müssen, geben sie für Weihnachtsgeschenke aus“, sagt Ohlmann. Der bayerische Einzelhandel rechnet für die beiden Weihnachtsmonate November und Dezember mit einem Umsatz von 13,5 Milliarden Euro – das sind 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. In München rechnen die Händler mit einem Umsatz von zwei Milliarden Euro.

Warum kaufen wir, obwohl wir wissen, dass die Krise kommt?

„Ich nenne das Phänomen Konsumkarneval“, sagt Stephan Grünewald, Psychologe des Rheingold-Instituts. „Der Karneval ist ja das Fest der letzten Stunde, danach kommt die Fastenzeit mit vielen Entbehrungen.“ Ähnlich sei die momentane Stimmung. „Die Menschen wissen, dass die Krise vor der Tür steht. Doch jetzt wollen sie noch einmal die Lebensgeister wecken. Es ist das Gefühl. dass es die letzte Chance ist, es sich noch einmal richtig gut gehen zu lassen.“ Größere Investitionen würden bereits verschoben. „Aber für die Dinge, die den Alltag schöner machen, wird Geld ausgegeben.“

Was schenken wir?

Der Renner unter den Geschenken laut der Quelle-Weihnachtsstudie: das Buch. Jeder zweite Deutsche verschenkt Lesestoff zum Fest. Auf Rang zwei: DVDs und CDs. Platz drei: Elektrogeräte. Parfum liegt im Mittelfeld, ganz weit hinten liegen Geldgeschenke, Haushaltswaren und Wäsche.

Was sind die überflüssigsten Geschenke? Finger weg von Kleidung und Haushaltsgeräten, rät das Online-Auktionshaus Ebay. Die Web-Versteigerer müssen’s wissen: Auf dem Portal werden die unbeliebten Präsente entsorgt. Vor allem Schüler ärgern sich über unstylische Klamotten, die sie von ihren Eltern bekommen. Bei Männern steht Kleidung komplett auf dem Index. Frauen wollen keine Haushaltsgeräte.

Mit welchem Ansturm ist an diesem Wochenende in München zu rechnen? „Es ist Ausnahmezustand in München“, sagt Einzelhandelsverbands-Chef Ohlmann. Er geht davon aus: Mehr als 200000 Menschen sind an diesem Samstag in der Münchner Innenstadt.

Tina Angerer und Volker ter Haseborg

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