Das Buchladen-Sterben: Der Goltz macht dicht

Die Konkurrenz durchs Internet ist zu groß: Die Kunstbuchhandlung Goltz schließt für immer – 2013 wäre sie 150 Jahre alt geworden.
München -In dieser Buchhandlung gab Franz Kafka seine einzige Lesung in Deutschland. In mehr als 160 Ausstellungen wurden hier allein von 1912 bis 1927 die Werke von Künstlern gezeigt, deren Werke heute Weltgeltung erlangt haben – von August Macke bis George Grosz. Erst in der Brienner-, dann in der Liebfrauen- und zuletzt in der Türkenstraße 36 stand der Name „Buchhandlung Hans Goltz” für Qualität und eine 150-jährige Tradition. Doch bald ist Schluss. Das Buchladen-Sterben macht auch vor dem altehrwürdigen Geschäft des heutigen Chefs Thomas Goltz nicht Halt.
Seit mehr als zehn Jahren beobachtet der 65-Jährige, wie die Umsätze zurückgehen, wie das Internet und die dort tätigen Großakteure immer mehr vom Umsatzkuchen abschneiden. Auch die Spezialisierung als Kunstbuchhandlung und der Schwerpunkt auf englische Literatur half nichts: Es ging immer weiter bergab.
Von englischsprachigen Titeln verkauft Thomas Goltz mittlerweile 80 Prozent weniger als in guten Zeiten – weil etwa Amazon diese Werke ohne Buchpreisbindung 30 Prozent günstiger anbieten kann als er.
„Es ist sehr schade”, sagt Thomas Goltz. „Aber es geht einfach nicht mehr”. Und damit ist er nicht allein. Fast alle seiner Kollegen leiden unter den selben Schwierigkeiten. „Jede Woche macht einer dicht”, so der Münchner. „Es bleibt einfach immer weniger hängen.” Goltz hat den 19. Januar als letzten Tag für sein Geschäft festgesetzt, der Mietvertrag endet Ende Januar. So kann er in Anstand zusperren und in die Liquidation gehen. Alternativen? Gibt’s nicht. „Es gibt keine Chance zu überleben.”
Dass ihm dieser Schritt nicht leicht fällt, ist eine Selbstverständlichkeit. Noch dazu, wo das Geschäft am 20.April nächsten Jahres 150. Geburtstag feiern könnte. In Familienbesitz ist es seit 1910, als es sein Großvater kaufte.
Nach den Weihnachtsfeiertagen, am 27. Dezember, beginnt in der Buchhandlung Hans Goltz der Räumungsverkauf. Aber auch was da nicht über die Ladentheke geht, landet nicht im Altpapier-Container: Goltz hat mit einem Antiquar vereinbart, dass er den Rest übernimmt. Als der Bücher-Mann das erzählt, wirkt er zum ersten Mal fast ein bisschen erleichtert.