Das Baby aus dem Leichenkühlhaus
MÜNCHEN - Vor einem Jahr wird am Landtag ein totes Baby gefunden. Es ist vermutlich von der eigenen Mutter ermordet worden – und bis heute nicht beerdigt. Die AZ erklärt, was seit dem Fund passiert ist.
Das Kind, das Maxi genannt wird, ist tot. Doch niemand weint. Von der Mutter fehlt jede Spur. Nicht einmal beerdigt wurde das kleine Mädchen. Stattdessen liegt Maxi seit zwölf Monaten in einer Kühlkammer der Münchner Gerichtsmedizin. Genau heute vor einem Jahr fand ein Spaziergänger beim Gassigehen mit seinem Hund zufällig den Leichnam in einem Grünstreifen, einen Steinwurf vom Bayerischen Landtag entfernt.
Fünf Fahnder der Mordkommission ermitteln seit einem Jahr mit Hochdruck. Die Details, die sie herausgefunden haben, sind grausig. „Wir gehen davon aus, dass Maxi nach der Geburt getötet wurde“, sagt Markus Kraus, der Chef der Mordkommission. Er ist selbst Vater zweier Kinder. Das treibt an.
Wie Puzzleteile fügen sich die Erkenntnisse der Mordkommission inzwischen zusammen – aber die entscheidenden fehlen noch. Die Chronologie eines grausigen Falls.
Am Fuß einer Buche in der Maximiliansanlage liegt das Bündel vor einem Jahr – zwei Plastiktüten, darin eingewickelt ein Baby, am Bauch noch ein Stück der Nabelschnur.
Die Kinderleiche ist bereits so stark verwest, dass zunächst nicht einmal feststeht, ob es sich um ein Mädchen oder einen Buben handelt.
Erst die Obduktion in der Gerichtsmedizin bringt Gewissheit. Fahnder der Mordkommission geben dem Mädchen schließlich den Namen Maxi.
Ob Maxi von ihrer Mutter getötet wurde oder vielleicht vom Vater, ist unklar. Genauso wenig ist bekannt, wer das tote Mädchen in der Maximiliansanlage zurückgelassen hat.
Kurz nach dem Fund suchen so genannte Mantrailer- Hunde die Gegend ab. Die speziell ausgebildeten Tiere können die Witterung von Menschen über größere Distanz verfolgen. Sie führen die Polizei zur Aventinstraße.
Es scheint zunächst, als lebe Maxis Mutter in der Nähe des Isartors. Die Fahnder überprüfen 100 Frauen, bitten sie, eine Speichelprobe für einen DNA-Test abzugeben. Die letzten beiden kann die Kripo Anfang 2010 als Verdächtige ausschließen. „Keine von ihnen kommt als Mutter von Maxi in Frage“, sagt Markus Kraus.
Die Fahnder kontaktieren alle Frauenärzte und Hebammen der Stadt, auch Kliniken und Geburtshäuser. Bis heute suchen sie nach einer Frau, die im Sommer 2009 schwanger gewesen ist, aber nie mit einem Kind gesehen wird.
Eine weitere Spur hat nach Neuperlach geführt. Eine der Tüten, in die das Baby eingewickelt war, stammt aus einer dortigen Apotheke. Welcher Kunde sie bekommen hat, lässt sich später aber nicht mehr feststellen.
Die Polizei startet in Neuperlach und rund um den Landtag eine Plakataktion. Anwohnerwerden gebeten, Beobachtungen zu melden. 20 Hinweise gehen ein. „Jeder wurde überprüft, jede Spur verfolgt“, betont Kraus, „der entscheidende Tipp war nicht dabei.“
Möglicherweise stammt Maxis Mutter aus Osteuropa. Dafür sprechen die Ergebnisse der Isotopen-Analyse, die bei dem toten Baby durchgeführt wurde. Die Werte erlauben Rückschlüsse, wo die Mutter ungefähr gelebt haben könnte. Doch auch das hilft den Fahndern nicht weiter.
Zumindest wird Maxi bald eine würdige letzte Ruhestätte bekommen. „Die Leiche ist zur Beerdigung freigegeben“, sagt Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger zur AZ. Wo und wann das Baby beigesetzt wird, ist noch unklar. Wie es heißt, will sich die Mordkommission um ein würdiges Begräbnis für das kleine Mädchen kümmern. Weinen wird wohl keiner. Die Suche geht weiter
Ralph Hub
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