Sorgen wegen Mega-Baustelle in der Lindwurmstraße in München: "Dann wird es schwierig"
München - Stadtauswärts rauscht der Verkehr durch die Eisenbahnunterführung an der Lindwurmstraße. Die andere Seite wird hingegen von einem großen gelben Lkw versperrt. Auf einem ausgefahrenen Kran steht ein Arbeiter in orangener Neonweste, auf dem Boden wimmeln weitere umher. Ein Bagger hebt eine Grube auf der Fahrbahn aus. Die Arbeiten zur Erneuerung der Eisenbahnbrücke haben begonnen.
Ursprünglich wurde die Brücke um circa 1900 errichtet, in ihrer Grundstruktur ist sie seit 120 Jahren unverändert. Das Alter hat Spuren hinterlassen: Bereits 2017 hat die Deutsche Bahn aus Sicherheitsgründen zusätzliche Abstützungen eingebaut. Nun lässt sich die komplette Erneuerung nicht mehr vermeiden. In den kommenden Monaten werden der bestehende Brückenüberbau sowie die Widerlager abgebrochen und wieder neu aufgebaut.

Lindwurmstraße in München: Stadt und Deutsche Bahn arbeiten parallel
Zudem stehen im Gleisbereich Anpassungen der Weichen, der Oberleitungen sowie der Kabel- und Signalanlagen an. Mit temporären Hilfsbrücken soll weiterhin der Schienenverkehr ermöglicht werden. Bis 2025 sollen die Arbeiten dauern, dann soll auch die Fahrbahn saniert werden.
"Wir nutzen die anstehenden Sanierungsmaßnahmen der Deutschen Bahn und sind mit unserem bereits vom Stadtrat beschlossenen Bauprogramm, das auch die Lindwurmstraße umfasst, auf die anstehenden Arbeiten vorbereitet", sagt Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer. "So können wir und die Bahn parallel arbeiten, um die Dauer der Bauzeit und dadurch resultierende Einschränkungen möglichst gering zu halten."
Unter der Eisenbahnbrücke soll die Fahrbahn tiefer gelegt werden, Fuß- und Radweg sind dann leicht erhöht und sollen verbreitert werden. Die Anzahl der Fahrspuren reduziert sich dafür von fünf auf vier. So soll die Unterführung sicherer für Fußgänger und Radfahrer werden. Fertig sein soll alles im Sommer 2028. Bis dahin ist die Unterführung nun für die Arbeiten zur Hälfte gesperrt. Der Autoverkehr auf der Lindwurmstraße zwischen Pocci- und Implerstraße ist aktuell nur noch stadtauswärts möglich.
Die Umfahrung führt über die benachbarten Eisenbahnunterführungen in der Radlkoferstraße und Tumblingerstraße. Fußgänger und Radfahrer kommen hingegen größtenteils noch durch die Unterführung. Lediglich in zwei Phasen von 3. Juni bis einschließlich 8. Juli sowie von Ende Oktober bis Anfang Dezember 2025 muss sie komplett gesperrt werden. Für Fußgänger soll es dann einen Shuttleservice geben, der sie ringförmig auf die jeweils andere Brückenseite bringt.
Erneuerung der Eisenbahnbrücke an der Lindwurmstraße: Das Café Blue hat die Baustelle direkt vor der Haustür
Die Arbeiten kann man auch durch die breite Fensterfront des Café Blue an der Implerstraße beobachten. Er könne noch nicht einschätzen, wie die Baustelle sein Geschäft beeinflussen wird, sagt Betreiber Brahim Vrenezi am Montagvormittag. Seit 2018 betreibt er das Café, so eine große Baustelle vor der Haustür habe es seitdem nicht gegeben. "Wir haben viel Personal. Wenn es nicht gut läuft, wird es schwierig", sagt Vrenezi. "Man kann nur beten, dass das Geschäft nicht platzt."

Die meisten seiner Gäste kommen mit der U-Bahn, wie er sagt. Parkplätze gibt es hier ohnehin kaum. Vrenezi fürchtet also den Zeitraum, in dem die Brücke auch für Fußgänger gesperrt wird. Dann kommt man von der U-Bahn nur über Umwege zu ihm. Eine weitere Sorge: Beliebt ist laut Vrenezi im Café Blue die Terrasse, vor allem im Sommer.
Der Betreiber zeigt auf die Pflanzentöpfe: Bald werde hier alles grün sein. Die Idylle wird allerdings durch die Baustelle getrübt, die nur wenige Meter entfernt zu sehen ist. "Das macht mir schon Angst – der Lärm, der Staub." Vrenezi hofft, dass die Gäste trotzdem kommen. Zumindest im Wintergarten ist man abgeschirmt von der Geräuschkulisse und dem Dreck.
BA-Chef Benoît Blaser (Grüne) freut sich über Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer
Benoît Blaser (Grüne), Chef des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, versucht zu beruhigen. "Ich glaube nicht, dass durch die Baustelle Kundschaft verlorengeht." Selbst wenn man mit dem Auto komme, erreichbar sei die Gegend immer. Schon ab dem Mittleren Ring seien die Umleitungen ausgeschildert, damit jeder seinen Weg findet.
Zudem glaubt Blaser, dass gerade mittags viel Kundschaft zu Fuß aus den umliegenden Büros kommt. Dass die Brücke erneuert wird, sei "zwingend notwendig". Vor allem freut ihn, dass die Situation für Radfahrer und Fußgänger verbessert werde. Die Einschränkungen hält er dagegen für gering, immerhin sei nur eine Seite gesperrt. "Es ist schon eine große Leistung, diese Brücke im laufendem Betrieb zu erneuern."

Was passiert mit dem Lindwurm?
Im frühen Mittelalter soll, so erzählt es zumindest die Legende, ein schwarz-grüner Lindwurm Unheil über die Stadt gebracht haben. Mit winzigen Flügeln soll er über München geflogen sein und mit seinem fauligen Atem die Pest unter der Bevölkerung verbreitet haben – bis tapfere Bürger ihn mit Kanonen bekämpften. Auch nach dem Sieg über die Bestie und über die verheerende Krankheit trauten sich die Münchner lange nicht mehr auf die Straße. Erst die tanzenden Schäffler konnten ihnen allmählich wieder die Lebensfreude zurückgeben. An diese Legende erinnert nicht nur der Name der Lindwurmstraße, sondern auch ein auffälliges Jugendstil-Geländer an der Eisenbahnbrücke.
Dem Neubau soll es nicht zum Opfer fallen, wie die Deutsche Bahn der AZ versichert. Das aufwendig gestaltete Geländer mit der markanten Abbildung des Lindwurms ist denkmalgeschützt. Bevor die Brücke abgerissen wird, soll es abmontiert und restauriert werden. "Bei der Sanierung werden durch Korrosion beschädigte oder zerstörte Elemente und Bereiche entrostet, schutzbeschichtet und wiederhergestellt", teilt ein Sprecher der Bahn mit. "Die Rahmenvorgaben für die Sanierung stammen vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege." Wenn diese Restaurierung sowie der Neubau der Eisenbahnbrücke abgeschlossen sind, soll das historische Geländer wieder angebracht werden.
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