"Die Kraft lässt nach": Der Behindertenbeauftragte hört auf und das ist seine Nachfolgerin

München - Zwanzig Jahre lang hat Oswald Utz (Grüne) dafür gekämpft, dass München für Menschen mit einer Behinderung ein besserer Ort wird. Solange war er Behindertenbeauftragter der Stadt.
Nun hat er entschieden, dass er nicht mehr für das Amt kandieren möchte. Am Freitag hat der Behindertenbeirat Daniela Maier als ihre neue Vorsitzende gewählt.
Behindertenbeauftragter Oswald Utz in München: "Ich merke, dass die Kraft nachlässt"
"Ich gehe nicht mit Zorn", sagt Oswald Utz. Vielmehr sei es nun nach 20 Jahren an der Zeit. "Ich merke, wie die Kraft nachlässt, wie ich ungeduldiger und sarkastischer geworden bin und so möchte ich nicht sein." Das liege auch daran, dass es in manchen Bereichen nur langsam vorwärtsgehe ‒ etwa beim Thema Bildung.
"Es ist noch immer schwierig, dass ein Kind mit einem Handicap auf eine Regelschule geht. Es fehlt an Schulsozialarbeitern, die Schulen sind oft nicht darauf vorbereitet." Weil ihm die Kraft fehle, dafür weiter zu kämpfen, sei es "gut, wenn jemand Neues kommt."

Mit 30 Jahren wurden ihre Unterschenkel amputiert
Und diese neue Person heißt Daniela Maier, ist 42 Jahre alt und berät derzeit beruflich Menschen mit einer Behinderung und deren Angehörige ‒ von der Reha bis zum Parkausweis. 2013, mit 30 Jahren, wurden Maier wegen einer Sepsis beide Unterschenkel amputiert.
Sich in der ersten Zeit in dieser Stadt mit all seinen Treppen, Stufen, nicht funktionierenden Rolltreppen und Aufzügen zurechtzufinden, sei freilich eine Herausforderung gewesen. Doch Maier sagt auch: "Auf den Krankenhausfluren lernt man nur bedingt, sich auf Prothesen fortzubewegen. Das beste Training ist die Fußgängerzone, wo keiner auf einen Rücksicht nimmt."
Maier findet: Es sei nun an der Zeit, dass auch mal eine Frau Behindertenbeauftragte wird und ihre Perspektive in das Amt einfließen lässt. "Frauen werden immer noch seltener mitgedacht ‒ ebenso wie queere Menschen oder Menschen mit einem Migrationshintergrund und einer Behinderung."
Frauen seien oftmals diejenigen, die zuhause die Pflegearbeit übernehmen, die beruflich zurückstecken, die größere finanzielle Sorgen haben. Und sie seien auch diejenigen, die mehr von Gewalt betroffen sind. "Zur Wiesn-Zeit habe ich mir mehr Gedanken darum gemacht, wie ich sicher nach Hause komme", sagt Maier.
Neben all diesen Themen hat sich Maier vorgenommen, Angebote für Menschen mit einer Behinderung bekannter zu machen. Auch einen Socialmedia-Account als Behindertenbeauftragte will sie einführen.
Oswald Utz bleibt noch bis Dezember im Amt. Dann übernimmt seine Nachfolgerin.