Daniel Föst: FDP-Wahlkampf aus dem Bahnhofsviertel
München - Die FDP, eine geerdete Partei? Vor wenigen Jahren hätte man da gelacht. Die Partei der Zahnärzte, irgendwie größenwahnsinnig – so blickten Außenstehende auf die Liberalen. Doch die Erfolglosigkeit hatte Folgen.
Das sieht man schon, wenn man sich der Bayern-Zentrale der Partei nähert. Bis vor zwei Jahren residierte man am Rindermarkt, wenige Meter vom Marienplatz entfernt. Heute: Bahnhofsviertel, Dönerbuden und Spielhallen in der Nachbarschaft, auf dem Klingelschild im zweiten Stock des schlichten Nachkriegsbaus steht: „1 x klingeln für FDP, 2 x klingeln für Kinderschutzbund“.
Die einst so stolze FDP, sie kann sich kein eigenes Büro mehr leisten. Und doch kann man im Bahnhofsviertel einen gut gelaunten, aufgeräumten, zuversichtlichen Bundestags-Spitzenkandidaten besuchen. Daniel Föst ist 40, trägt Bart und Trachtenjoppe – und sagt selbst, er sei schon mitten im Wahlkampf. Mitte März soll die Partei ihn auf Listenplatz 1 wählen. Es gibt keinen Gegenkandidaten. Föst berät kleine Firmen in Marketingfragen. Doch jetzt gibt es nur noch die FDP für ihn, der Job muss für ein Jahr ruhen.
Föst meint es ernst. Er will in den Bundestag. Föst meint es aber auch ernst mit dem Anliegen, die FDP wieder zu einer seriösen Partei zu machen. 2013, er kandidierte für den Landtag, klang vieles noch ganz anders. Das war noch die alte Spaß- und Attacken-FDP. Da schoss er sich voll auf die angebliche Verbots-Partei Grüne ein, plakatierte eine eigene Handy-Nummer – und bekam, wie er sagt, „viele freundliche Bürger-Anrufe“.
Trotz der Niederlagen ist der 40-Jährige der Partei treu geblieben
Damals war die FDP in Bayern Regierungspartei, im Bund auch. Dann flogen die Liberalen aus den Parlamenten, hatten immer weniger Geld und landeten eben im Bahnhofsviertel. Föst blieb. Auch, weil er sich gegen die Alten in der FDP wendete (was ihm bis heute mancher übel nimmt). In der Wahlnacht nach der verlorenen Bundestagswahl konnte man einen geschockten Föst im Hofbräukeller sitzen sehen. Man werde „die Partei komplett erneuern müssen“, sagte er. Föst, damals München-Chef, wurde bayerischer Generalsekretär.
Bekannt wurde er nicht. „Daniel, wer?“, hat ihn eine Zeitung einmal genannt. Föst weiß, dass die nächsten Monate noch viel Arbeit vor ihm liegt. Schon heute reist er kreuz und quer durch Bayern auf seiner Mission, eine Aufbruchsstimmung für die FDP zu erzeugen. „Viele Menschen haben festgestellt, dass eine klare Bürgerrechtspolitik, eine echte liberale Politik ohne die FDP fehlen.“
Die Umfragen zumindest geben ihm derzeit recht, die Liberalen könnten wieder einziehen. Föst schimpft über Sozialwohnungen, in denen Menschen günstig wohnen, die gar nicht mehr in Not sind, will Bürokratie für Häuslebauer minimieren und abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben, eine einfachere, klarer Sprache pflegen.
Föst träumt noch immer von „Bavarian Valleys“
An dem Punkt aber ist er manchem in der Partei nicht scharf genug. „Er muss die Sorgen in der Bevölkerung ernster nehmen“, knurrt einer, der viel zu sagen hat in Bayerns FDP. Föst aber will auch in der Sicherheitsdebatte liberalen Kurs halten. „Wir halten es für wichtiger, Verbrechen zu verhindern, als sie zu filmen“, sagt er zum Beispiel über Videoüberwachung. Föst will, dass die FDP wieder wichtig wird – auch über das Kernklientel hinaus. Seinen Leuten sagt er, das Ziel müsse sein, dass bei allen Veranstaltungen der Partei höchstens die Hälfte der Zuhörer FDP-Mitglieder sind.
Föst ist ernster geworden, er ist mittlerweile Vater von zwei Kindern, schimpft darüber, wie schwer es für die Mittelschicht sei, in München eine Wohnung zu finden. Darüber, dass es für berufstätige Eltern eine Zumutung sei, wenn die Kita im Sommer wegen der Ferien gleich vier Wochen zumacht.
Einem Thema aber ist er treu geblieben: der Wirtschaftspolitik. Föst träumt von „Bavarian Valleys“, will bestimmte Gebiete in Bayern ausweisen, in denen Start-ups und etablierte Unternehmen freie Bedingungen finden, weniger Abgaben zahlen und ausländische Arbeitnehmer problemloser einen Job annehmen können.
Das passt auch zur FDP aus dem Bahnhofsviertel, findet Föst. Er ist jetzt auch in der Mittagspause im Wahlkampf-Modus. In den Döner-Buden und arabischen Geschäften stellt sich Föst als FDP-Mann vor. Und fragt, ob nicht besser sei, wenn der Staat sich weniger einmischen, weniger Vorschriften machen würde. „Das kommt gut an.“
Vieles hat 2013 nicht funktioniert. Doch Föst fühlt sich im Aufwind. Und will sogar seine alte Idee wieder aufleben lassen. Er will wieder eine Handy-Nummer plakatieren. Und selbst ans Telefon gehen. Das passt auch zur plötzlich bodenständigen FDP.