Dachgärten in München: Die Lust am Leben auf dem Dach

Weil es am Boden immer enger wird, entstehen in München jetzt mehr und mehr Dachterrassen für Hausgemeinschaften. Zusammen garteln, arbeiten oder den Feierabend genießen: Das kommt gut an.
von  Irene Kleber
So stellt sich der Illustrator die neue Gemeinschaftsdachterrasse auf dem "Leo 202" vor, die diesen Sommer fertig werden soll. Bisher ist die Dachfläche auf dem 70er-Jahre-Bau nicht genutzt worden.
So stellt sich der Illustrator die neue Gemeinschaftsdachterrasse auf dem "Leo 202" vor, die diesen Sommer fertig werden soll. Bisher ist die Dachfläche auf dem 70er-Jahre-Bau nicht genutzt worden. © TBI Tekno-Bau Ibérica

München - Wer bald im Neubau neben dem Schwabinger Elisabethmarkt einziehen darf, oder in einem Apartment des zehnstöcken "Leo 202", das gerade an der Leopoldstraße saniert wird, oder im Quartier Baumkirchen-Mitte, dürfte es nett haben in der warmen Jahreszeit.

Die Häuser eint etwas: Sie haben Gemeinschaftsdachterrassen. Auf denen können sich alle Bewohner zum Ratsch zusammensetzen, Tomaten und Salat ins Hochbeet pflanzen, vielleicht sogar unterm Sonnensegel arbeiten, quasi im Freilufthomeoffice mit Blick über die Stadt.

Dachgärten in München im Trend

Diese Art Neubauten oder Umbauten sind keine Ausreißer mehr in München. Bei immer mehr Projekten in der Stadt denken die Planer und Entwickler die Dächer anders mit als in früheren Jahrzehnten.

Weil es immer enger wird in den Straßen und Parks, weil Hinterhöfe nachverdichtet werden, rutscht das Leben im Freien nun einige Stockwerke nach oben – aufs Dach eben.

Wie praktisch, dass auf der Gemeinschaftsdachterrasse auf dem Stelzenhaus am Dantebad auch eine Schaukel für Kleinkinder montiert ist: Jana (2) lässt sich hier gern von ihrem Papa Al schaukeln.
Wie praktisch, dass auf der Gemeinschaftsdachterrasse auf dem Stelzenhaus am Dantebad auch eine Schaukel für Kleinkinder montiert ist: Jana (2) lässt sich hier gern von ihrem Papa Al schaukeln. © Daniel von Loeper

Schon für 18 Wohnanlagen hat beispielsweise die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag Dachgärten für alle Bewohner gebaut. In Summe sind das 10.200 Quadratmeter Gemeinschaftsdachflächen.

"Davon sind 1.800 Quadratmeter intensiv bepflanzt", erklärt ein Gewofag-Sprecher auf AZ-Nachfrage. Die beiden Stelzenhäuser am Dantebad und am Reinmarplatz gehören dazu, auch Häuser an der Hochäckerstraße und am Domagkpark.

Dachgärten in München: An Sylvester ist Party auf der Dachterrasse angesagt

Am Reinmarplatz etwa teilen sich seit einem Jahr 144 Wohnungen mit rund 300 Bewohnern, darunter etwa 60 Kinder, 400 Quadratmeter Dachterrasse. Einen Sandkasten mit Spielküche, eine Rutsche und Balancehügel gibt es hier oben. Auf dem Pflaster kann man Kindermalereien sehen.

"An schönen Tagen ist das hier ein schöner Austauschplatz für Familien und auch für Jugendliche", erzählt Emanuel Tropschug, der als Verwalter mehrere Gebäude für die Gewofag betreut. Und an Silvester habe es eine muntere Party mit 60 Menschen gegeben.

Balancehügel, auf denen Kinder spielen können, bietet die Dachterrasse für alle am Stelzenhaus am Reinmarplatz.
Balancehügel, auf denen Kinder spielen können, bietet die Dachterrasse für alle am Stelzenhaus am Reinmarplatz. © Daniel von Loeper

In der Anlage am Dantebad (100 Apartments), in der viele Singles, aber auch Eltern mit Kindern aus rund 20 Ländern wohnen, pflanzen die Bewohner auf dem Dach gemeinsam Gemüse in Hochbeeten, nebenan sprießen Kräuter und eine Blumenwiese.

Auch hier gibt es einen Spielplatz unter einer Pergola, auf dem sich etwa die kleine Jana (2) gerne von ihrem Vater schaukeln lässt. Über den Dächern kann man den O2-Tower aufragen sehen, unten schimmert das Schwimmbecken des Dantebads.

Wohnungsgenossenschaften in München planen Gemeinschaftsdachgärten immer öfter mit

Auch die städtische GWG, die bislang sieben Wohnanlagen mit nutzbaren Dächern zählt, plant gerade sechs weitere Neubauten mit Gemeinschaftsdachterrassen für die Mieter, erklärt ein Sprecher auf Nachfrage.

"Das reicht von unmöblierten Bereichen über Terrassen mit Spielflächen bis zu intensiven Begrünungen mit Stauden, Sträuchern und Kleinbäumen."

Blumenwiese, Kräuter, Hochbeete – und am Horizont der Turm des O2-Towers. Hier am Dantebad-Stelzenhaus garteln die Bewohner.
Blumenwiese, Kräuter, Hochbeete – und am Horizont der Turm des O2-Towers. Hier am Dantebad-Stelzenhaus garteln die Bewohner. © iko

Eine gesetzliche Verpflichtung, Dachterrassen oder Dachgärten zu bauen, gibt es nicht. "Aber in der Bauleitplanung werden Gemeinschaftsdachgärten inzwischen regelmäßig in die Planungen einbezogen", erklärt der Sprecher im städtischen Planungsreferat, Thorsten Vogel.

Bei hohen Baudichten gebe die Stadt sie über städtebauliche Verträge auch bindend vor. Wie viele Gemeinschaftsdächer München bisher zählt – dazu liegen der Stadt aber keine Zahlen vor.

Schöne Beispiele jedenfalls hat die Genossenschaft Wagnis längst realisiert, etwa den preisgekrönten Dachgarten am Ackermannbogen. Beim Quartier Baumkirchen-Mitte des Bauträgers CA Immo mit Patrizia ist eine Kombi aus Gemeinschaftsdachflächen und Privatgärten entstanden.

Auch im Quartier Am Südpark am ehemaligen Eon-Gelände an der Drygalski-Allee teilen sich Bewohner ein grünes Gemeinschaftsdach – wie in Kürze auch im künftigen "Herzog Max" am Stachus (ehemals Karstadt Sports), wo aktuell noch Baustelle ist.

Das Herzog Max (ehemals Karstadt Sports) am Stachus bekommt ebenfalls eine Gemeinschaftsdachterrasse.
Das Herzog Max (ehemals Karstadt Sports) am Stachus bekommt ebenfalls eine Gemeinschaftsdachterrasse. © Daniel von Loeper

Dachterrassen werden in München immer mehr zum Verkaufsargument

Am Leo 202, einem 70er-Jahre Wohnblock an der Leopoldstraße, ist das Dach bislang ein kahler, ungenutzter Ort gewesen.

Nun, wo das gesamte Gebäude saniert, und die Wohnungen einzeln verkauft werden, ist der Ausbau des Dachs zum "Skydeck" und einer "Community Lounge" ein starkes Verkaufsargument, heißt es bei Walser Immobilien, die die Vermarktung übernommen haben. Sie soll in den nächsten Wochen fertig werden. Der Sommer kann kommen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.