Dachau: Fahrer wirft Mutter und Baby aus Bus

„Entweder du steigst jetzt aus, oder ich fahre keinen Meter weiter." - Der Fahrer eines Linienbusses will eine junge Frau aus Dachau nicht mitnehmen. Die Begründung - und was in München in so einem Fall gilt.
Ralph Hub |
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Marie F. und ihr kleiner Sohn Noah.
privat Marie F. und ihr kleiner Sohn Noah.

Unfassbar: Der Fahrer eines Linienbusses will eine junge Frau aus Dachau nicht mitnehmen. Die Begründung - und was in München in so einem Fall gilt.

München, Dachau - Mal schnell mit dem Baby zum Kinderarzt fahren. Mit dem Bus ist das gar nicht so einfach, wie Marie F. feststellen musste. Der Fahrer warf die junge Mutter und den kleinen Noah aus dem Bus, weil schon eine andere Mutter mit Kind an Bord war.

"Das dichte Busnetz sorgt mit seinen gut ausgebildeten Fahrern täglich dafür, dass Sie schnell von einem Punkt zum anderen kommen.“ Was in der Werbung des öffentlichen Nahverkehrs in Dachau so schön klingt, sieht in der Realität gelegentlich etwas anders aus.

Marie F. (20) wollte mit ihrem vier Monate alten Sohn nach München zum Kinderarzt. Umweltbewusst, wie die junge Mutter ist, entschied sie sich für öffentliche Verkehrsmittel.

An der Mittermaierstraße in Dachau steigt die Erzieherin vormittags in einen Bus der Linie 719. Der sollte sie zum S-Bahnhof in Dachau bringen.
„Im Bus war viel Platz“, sagt Marie F., „nur drei oder vier Passagiere waren an Bord.“ Darunter auch eine Frau mit einem etwa vier Jahre alten Kind samt einem Buggy.

Marie F. steigt ein. Der kleine Noah liegt im Kinderwagen. „Sie müssen aussteigen“, sagt der Busfahrer nicht unbedingt freundlich. Marie F. ist irritiert. „Wieso, da ist doch jede Menge Platz.“ „Sie müssen aussteigen“, wiederholt sich der Fahrer. „Ich steig’ aber nicht aus“, protestiert die 20-Jährige.

Der Busfahrer geht zum vertraulichen „Du“ über: „Entweder du steigst jetzt aus, oder ich fahre keinen Meter weiter.“ Es sei nur Platz für einen Kinderwagen im Bus, mehr dürfe er nicht mitnehmen, erklärt er kurz und knapp. „Ich steige nicht aus“, mischt sich die zweite Frau mit Kind plötzlich ein. Marie F. probiert es mit Logik. Die Frau könne ihren Buggy zusammenklappen, dann sei genug Platz für beide.

Doch so einfach ist die Welt im öffentlichen Nahverkehr nicht. Marie F. gibt sich geschlagen. Sie nimmt den nächsten Bus. „20 Minuten musste ich warten“, sagt sie. Ein Glück für sie, dass in dem Bus nicht auch schon eine Mutter mit Kinderwagen saß.

Die S-Bahn nach München erwischt Marie F. natürlich nicht mehr. Der Termin beim Kinderarzt ist futsch.

Der Busfahrer habe sich völlig korrekt verhalten, verteidigen sich die Stadtwerke Dachau. So seien nun mal die Vorschriften. „Der Fahrer kann einen zweiten Kinderwagen mitnehmen“, sagt Abteilungsleiter Reinhard Diepold, „das tut er dann allerdings auf eigene Verantwortung.“ Soll heißen, wenn während der Fahrt ein Unfall, eine Vollbremsung oder ähnliches passiert und sich die betreffende Mutter oder deren Kind verletzt, muss der Fahrer den Kopf hinhalten. „In diesem Fall ist er dran“, sagt Reinhard Diepold, „die Versicherung zahlt nicht.“ Ein Risiko, das kaum ein Busfahrer eingehen will. „Man muss das natürlich dem Fahrgast vernünftig erklären“, ergänzt Reinhard Diepold.

In München gilt die strikte Regelung mit nur einem Kinderwagen pro Linienbus nicht. „Es kommt auf den Platz an“, erklärt MVG-Sprecher Matthias Korte. „Auf den jeweiligen Bustyp und auch drauf, wie viele Passagiere an Bord sind.“ Der Fahrer muss individuell entscheiden, ob die Sicherheit gewährleistet ist. Und das führt immer wieder zu hitzigen Diskussionen mit Passagieren.

 

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