"Da fragt man sich": Feuerwehrmann aus München sorgt sich wegen Silvester-Trend bei Jugendlichen

München - In der Silvesternacht passieren so viele einzelne Unfälle und Brände, wie in keiner anderen Nacht im Jahr. Ein Feuerwehrmann der Wache eins erklärt, wie man möglichst heil ins neue Jahr kommt. Johann Petryszak (47) ist seit 2001 für die Münchner Feuerwehr im Einsatz. Sein Revier ist die Wache I, direkt am Sendlinger Tor. Neben dem Feuerlöschen ist er auch in der Arbeit als Rettungsassistent ausgebildet. Persönlich ist er kein Feuerwerksfan, es ist ihm zu laut und macht Dreck.
AZ: Man sagt, die meisten Unfälle passieren im Haushalt. Gilt das für Silvester auch?
Johann Petryszak: Nein, in dem Fall ist der Schwerpunkt wirklich draußen. Mir ist nicht bekannt, dass wegen Raclettegeräten viele Einsätze verursacht würden.
Warum ist dann die Einsatzdichte so hoch in der Silvesternacht?
Es liegt am Zusammenspiel von vielen alkoholisierten Menschen gleichzeitig auf der Straße und dazu dem Hantieren mit Feuerwerk. Weil Alkohol die geistigen Schutzmechanismen außer Kraft setzt.

Wozu führt diese Konstellation häufig?
Das kann man gar nicht so leicht eingrenzen, da ist von kleineren Verbrennungen bis zu abgetrennten Fingern und Kopf- und Augenverletzungen alles dabei.
Sie fahren nicht nur im Feuerwehrauto, sondern auch Rettungswagen: Ist es noch ein Ding, dass Leute so viel trinken, bis ihnen der Magen ausgepumpt werden muss?
Wie sie im Krankenhaus behandelt werden, das bekommen wir nicht mehr mit. Aber wir bringen immer noch häufig alkoholisierte Jugendliche dorthin - da hat sich in den 20 Jahren, in denen ich hier im Dienst bin, nicht viel geändert. Aber früher haben die Freunde noch aufgepasst, da haben wir solche Leute selten alleine gefunden. Da fragt man sich schon, ob die Freunde da nicht mehr so füreinander da sind oder Leute so alkoholisiert auch alleine unterwegs sind.
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Böller, Alkohol… fahren Sie an Silvester hauptsächlich wegen männlicher Mitbürger raus?
Also beim Alkohol kann ich das gar nicht bestätigen, das ist komplett geschlechtsunabhängig. Aber gut, bei Böller-Unfällen ist die Tendenz schon eher männlich.
Wie zündet man eine Rakete so, dass man sich und die Umgebung nicht gefährdet?
Wichtig ist ein sicherer Stand. Jetzt wo wir keinen Schnee mehr haben, sind Getränkekisten mit Flaschen eine gute Lösung. Häufig sieht man einzelne Sektflaschen, aber die können auf unebenem Grund oder durch das Gewicht der Rakete leicht umfallen und die Rakete schießt quer in die Menge. Die Zündschnur anzünden und sofort in angemessene Distanz gehen.
Gerade Böller werden aber gerne durch die Gegend geworfen.
Das ist hochgefährlich, da muss nur einer in einer Kapuze landen. Eigentlich gilt auch für Böller: sicher hinlegen, anzünden und Abstand.

Woher weiß man, welches Feuerwerk sicher ist?
Es sollte von hier aus dem Handel sein und ein BAM-Siegel haben. Das heißt, dass sie von der Bundesanstalt für Materialschutz getestet wurden. Der Effekt ist vielleicht nicht der wie bei ausländischer Pyrotechnik, aber sie sind auf Sicherheit geprüft.
Was sollte man vor der Silvesternacht vor dem Haus, auf Terrassen und Balkonen in Sicherheit bringen?
Eigentlich alles was brennbar ist, also Polster von Gartenmöbeln, aber auch vertrocknete Pflanzen oder Korbstühle. Balkonbrände sind tatsächlich sehr häufig an Silvester. Bei der dichten Bebauung in der Stadt verirren sich leicht mal Böller oder Raketen dorthin.
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Was macht man, wenn es dort brennt?
Immer zuerst den Notruf absetzen und wer einen Feuerlöscher hat, kann versuchen zu löschen. Aber Feuerlöscher sind keine Pflicht in privaten Haushalten.
Am Friedensengel oder auf den Brücken wird manchmal auch quer geschossen: Was ist zu tun, wenn jemand eine Brandwunde hat?
Wenn es eine Verbrennung ist, wie man sie auch vom Ofen oder Lagerfeuer haben könnte, dann kann kühlen und beobachten reichen. Aber wenn mehr als die Haut oberflächlich verbrannt ist, sollte man es medizinisch versorgen lassen.
Und wenn im schlimmsten Fall der Böller den Finger abgerissen hat?
Hier ist Zeit entscheidend. Unbedingt den Finger suchen und dem Rettungsdienst übergeben. Um die Blutgefäße intakt zu halten, sollte der Finger in eine saubere, verschlossene Tüte gegeben werden und diese Tüte dann in eine zweite Tüte mit Eis- oder kaltem Wasser geben.
An Silvester hält man sich oft auf großen Plätzen auf, wie setzt man den Notruf so ab, dass man schnell gefunden wird?
Man sagt seinen Namen, den Ort, wie viele Verletzte es gibt und ob jemand schwer verletzt ist. Und dann sucht man einen markanten Punkt. Wenn man auf der Theresienwiese ist zum Beispiel: 'Wir stehen hier 50 Meter westlich vor der Bavaria.' Wenn die Rettungskräfte kommen, dann am besten mit Handyleuchten oder Taschenlampen auf sich aufmerksam machen.