CSU in München: Frauen fühlen sich ungleich behandelt

Weil für die höheren Ämter fast nur Männer nominiert werden, boykottieren viele Frauen heuer den Wahlkampf. Die Parteispitze will von einer Ungleichbehandlung aber nichts wissen.
Florian Zick |
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"In der CSU zählt nur die Qualifikation": Bürgermeister Josef Schmid (links) und Parteichef Ludwig Spaenle.
dpa/AZ "In der CSU zählt nur die Qualifikation": Bürgermeister Josef Schmid (links) und Parteichef Ludwig Spaenle.

Weil für die höheren Ämter fast nur Männer nominiert werden, boykottieren viele Frauen heuer den Wahlkampf. Die Parteispitze will von einer Ungleichbehandlung aber nichts wissen.

Sie heißen Ludwig, Markus, Otmar, Joachim, Andreas, Robert und Georg. Und nach den Wahlen 2018 könnte sich in die zweifelsohne schon jetzt stark männlich dominierte Riege der Münchner Landtagsabgeordneten noch ein weiterer Mann einreihen: ein Hans.

Für den kürzlich neu geschaffenen Stimmkreis München-Mitte will die CSU nächste Woche Stadtrat Hans Theiss zum Direktkandidaten ernennen. Wieder einen Mann also. Vielen Frauen in der CSU stinkt das inzwischen enorm.

Frauen hatten es schon immer schwer im Männer-Club CSU

"So viel schlechter als die Männer sind wir nun wirklich auch nicht", sagt eine Mandatsträgerin, die wie so viele andere lieber nicht namentlich genannt werden möchte. Man habe es als Frau schließlich auch so schon schwer genug in der Partei. Denn Frauenförderung, so heißt es, habe im Männer-Club CSU noch nie so wirklich zur politischen Kultur gehört.

Alexa von Künsberg ist eine der wenigen, die sich auch namentlich zitieren lässt. Die 39-Jährige hat sich kürzlich erfolglos um einen Platz als Direktkandidatin für den Bundestag beworben. Momentan ist sie als Entwicklungshelferin im Südsudan unterwegs – weit genug weg also, um dem Zorn der Parteispitze erst einmal zu entgehen.

Die CSU könne für die Ehe für alle sein, beim CSD mitlaufen und ein Adoptionsrecht für Homosexuelle fordern, schimpft Künsberg. Aber bei der Gleichstellung der Frau versage die angeblich so moderne Großstadtpartei komplett.

Tatsächlich ist es so, dass die Männer bei den Mandatsträgern ein eklatantes Übergewicht haben.

Fehlt der politische Wille, die Frauen zu stärken?

Im Münchner Stadtrat haben die Frauen zwar aufgeholt und kratzen fraktionsintern mittlerweile an der 50-Prozent-Marke. Unter den acht Münchner Landtagsabgeordneten ist mit Mechthilde Wittmann aber nur eine einzige Frau (die auch noch besonders viel Gegenwind bekommt). Und auch als es kürzlich um die Direktkandidatur für den Bundestag ging, krallten sich die Männer sämtliche vier Plätze.

Für Künsberg ist das kein Zufall mehr, sondern das Ergebnis einer mangelnden innerparteilichen Demokratie. Es stehe von Beginn an immer schon fest, wer künftig welches politische Amt bekleiden solle, sagt sie. Für die Wahl von Hans Theiss zum Beispiel entsende ihr Kreisverband München-Mitte knapp 20 Delegierte. Die seien aber allesamt männlich. Nicht, dass dann doch noch etwas schiefgeht.

Wenn man sich unter CSU-Frauen umhört, ist viel von Hinterzimmerpolitik und Geklüngel die Rede, von der Angst vor den starken Frauen und von kumpelhaften Männerbünden. Man könnte die Frauen schon besser stellen, sagt Nicola Mayerl, die demnächst wohl in den Stadtrat nachrückt. "Aber da müsste der dringende politische Wille da sein", so die 43-Jährige. Und der sei bei der Parteispitze um Kultusminister Ludwig Spaenle und Bürgermeister Josef Schmid offenbar nicht da.

Nicht nur Mayerl und Künsberg nervt das. Mittlerweile gibt es eine breite Protestbewegung. Etwa die Hälfte der CSU-Frauen in München würde sich heuer dem Wahlkampf verweigern, heißt es. Warum auch an staubigen Straßenkreuzungen Flyer verteilen und Plakate kleben, wenn man am Ende dann doch nichts davon hat?

Schmid: Nicht das Geschlecht, sondern die Qualifikation entscheidet

Partei-Vize Josef Schmid will das alles so nicht gelten lassen. In der CSU gehe es immer nur um Qualifikation, sagt er. Hans Theiss zum Beispiel habe sich durch herausragende Arbeit im Stadtrat für höhere Weihen empfohlen. Und mangelnde innerparteiliche Demokratie? Da habe man im Münchner Norden gerade erst das Gegenteil beobachten können. Im Kampf um die Direktkandidatur für den Bundestag habe sich mit Bernhard Loos dort schließlich ein absoluter Außenseiter durchgesetzt.

Das klingt nicht danach, als würde der seit Ewigkeiten schwelende Streit der Geschlechter in der CSU so schnell enden. Da wird es auch nichts helfen, dass im Fall der anstehenden Nominierung von Hans Theiss ausgerechnet eine Frau eine entscheidende Rolle spielt.

Der Stimmkreis München-Mitte gilt für die CSU als schwieriges Terrain, sogar für einen Hans Theiss. Der 39-jährige Kardiologe hat sich aber nicht nur als Gesundheitspolitiker einen Namen gemacht, er ist auch verheiratet mit Christine Theiss, der TV-Moderatorin ("The Biggest Loser") und früheren Kickbox-Weltmeisterin. Dieser Promi-Faktor, heißt es in der CSU, habe ihm nicht zuletzt die Nominierung eingebracht.

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