CSD in München: So bunt war das Wochenende

Fröhlich, friedlich und ausgelassen war der Samstag. Bei schönstem Sonnenschein haben auffällig viele junge Leute mit ihren Regenbogenfahnen den dezentralen CSD gefeiert.
von  AZ
Die Polizisten Samuel Aßmann (l.) und Jochen Geißer machen am Samstag viele Fotos mit jungen CSDlern, zum Beispiel auch mit Gloria (l.) und Pauline.
Die Polizisten Samuel Aßmann (l.) und Jochen Geißer machen am Samstag viele Fotos mit jungen CSDlern, zum Beispiel auch mit Gloria (l.) und Pauline. © Daniel von Loeper

München - Selbst am Viktualienmarkt sieht man am Samstag ein paar bunte Gestalten. Da huscht das auffällige Trio Sam, Mary und Toby vorbei. Sam und Mary sind ein Paar, "und darauf sind wir stolz. Wir möchten heute ein Zeichen setzen", sagt Sam. Als Anime-Fans haben sie besonders viel Liebe in ihr Make-up und die Kostüme gesteckt und ziehen auch schon weiter Richtung Rindermarkt.

66 Stände: Dezentraler CSD in München

Richtig bunt wird’s aber erst am Marienplatz. Dort teilen sich das Lesbenzentrum Lez und das Münchner Regenbogenfamilienzentrum einen von insgesamt 66 Ständen, die von dort bis zum Stachus und vom Sendlinger Tor bis zum Odeonsplatz verteilt sind. Wer den CSD erleben will, muss heuer ein bisserl in der Innenstadt herumlaufen. Wegen Corona ist alles dezentral.

Und auch etwas komplizierter als sonst. Stephanie Gerlach und Veronika Regner von den beiden Organisationen geben auch heuer Auskunft und legen Infoblätter für Interessierte aus. Aber sie achten strengstens darauf, dass keine Ansammlung entsteht und bemühen sich, die Gespräche kurz zu halten.

Pumps-Race muss 2021 ausfallen

Es scheint zu funktionieren. Zumindest die beiden Polizisten Samuel Aßmann und Jochen Geißer, die ein paar Meter weiter neben der Mariensäule stehen, nicken zufrieden. "Die Menschen sind höflich und halten sich an die Regeln", sagt Aßmann. Sein Kollege Geißer ist ein "CSD-Urgestein", wie er selbst sagt. Für ihn ist es bereits der 20. CSD. Das Arbeiten macht ihm an diesem Tag besonderen Spaß und das sieht man. Die Leute sprechen die Polizisten an und machen Selfies mit ihnen. Viele junge Menschen sind heute mit Regenbogenfahnen unterwegs. Das fällt auf.

Wo man hinschaut, ausgefallene Kostüme. Die Weißwurscht-Christl aus Giesing zum Beispiel fühlt sich wohl, ein bisserl im Rampenlicht zu stehen. "Ich bin weltberühmt", erzählt sie stolz. Ist ja klar, immerhin nimmt die Travestie-Ikone seit Jahren am Pumps-Race (der heuer leider ausfallen muss) teil – 2018 sogar siegreich. Doch kaum hat man Christl erblickt, ist sie auch schon wieder im Gewusel verschwunden.

Die Weißwurscht-Christl hat schon den Pumps-Race gewonnen – und wird von vielen erkannt.
Die Weißwurscht-Christl hat schon den Pumps-Race gewonnen – und wird von vielen erkannt. © Daniel von Loeper

Claudia Roth unterstützt die Kampagne "Grundgesetz für alle!"

Dafür erblickt man auf der Sendlinger Straße ein weiteres bekanntes Gesicht. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth wird von ein paar Menschen umzingelt. "Ich bin schon seit zwei Stunden hier, aber noch nicht weiter als 20 Meter gekommen", erzählt sie und lacht. Die CSD-Themen Selbstbestimmungsgesetz und ein Aktionsplan gegen Homophobie sind ihr besonders wichtig. Darüber und was den Leuten sonst noch so auf dem Herzen liegt, unterhält sie sich angeregt.

Und dann muss sie auch schon los ins Bellevue di Monaco zum Livestream. Dort gibt’s den ganzen Tag lang Interviews und Talks, die live im Internet übertragen werden. Roth unterstützt die Kampagne "Grundgesetz für alle!" und spricht mit deren Initiator Christian Gaa. Das Gleichheitsrecht in Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes soll um die sexuelle Identität erweitert werden. "Das wäre auch ein Signal an Homophobe und für die Opfergruppe des Nationalsozialismus", sagt Roth zur AZ.

Währenddessen die Politikerin sich auf den Weg macht, schaut Stefan Block von Munich Kyiv Queer zufrieden in die Menge. Sein Stand ist direkt am Bauzaun am Sendlinger Tor, und das ist besser als erwartet: "Die Leute sind super drauf, wir müssen nur winken und die Leute kommen zu uns."

Münchner Firmen zeigen Regenbogenflagge

Auch Firmen zeigen Regenbogenflagge. Neben der BMW Group stehen am Stachus-Brunnen Mitarbeiter von Microsoft. "Wir unterstützen den Pride-Tag seit Jahren", sagt Andreas Dreyer. Kollege Bernd Sonderhüsken ergänzt: "Wir haben eine Firmenkultur, in der sich jede Person geben kann, wie sie ist. Wir unterstützen die Kollegen bei Bedarf auch beim Outing." Hinter ihnen laufen immer wieder Jugendliche vor Freude kreischend mit ihren Regenbogenfahnen durch die Wasserfontänen.

Auch Firmen wie Microsoft haben ihre Regenbogenflaggen ausgepackt.
Auch Firmen wie Microsoft haben ihre Regenbogenflaggen ausgepackt. © Daniel von Loeper

Neben dem Getümmel in der Innenstadt gibt’s in diesem Jahr auch eine kleine, aber feine Kulturbühne an der Theresienwiese. Das vorwiegend junge Publikum ist bestens gelaunt und jubelt dem Moderatoren-Duo Kriwoe und Dean DeVille und den Künstlern lautstark zu. Wenn’s ein bisserl ruhiger wird, läuft Drag Queen DeVille durchs Publikum und ermuntert zum Jubeln.

Im Publikum sitzt auch Tracy Dash und genießt die gute Stimmung: "Das ist fast ein bisschen Normalität heute!" Das Programm ist abwechslungsreich. Bands wie Til, Flamyngus oder Elena Rud haben viele Fans im Publikum.

Der Höhepunkt des Abends ist aber Oxa. Sie singt, tanzt und fühlt sich in all dem Jubel wie Beyoncé, ruft sie dem Publikum zu.

Oxa bei ihrem Auftritt bei CSD auf Theresienwiese in München.
Oxa bei ihrem Auftritt bei CSD auf Theresienwiese in München. © Daniel von Loeper

Nach ihrem Auftritt ist die Künstlerin, die in Deutschland für ihren Auftritt in der Fernsehsendung "The Voice" bekannt geworden ist, glücklich. Sie sagt zur AZ: "Die Möglichkeit, wieder singen zu dürfen, nachdem ich so lange still sein musste, ist ein Segen." Für sie sei ihr Auftritt ein Zeichen der Hoffnung.

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