Corona-Mutationen: Rasante Ausbreitung in München

München - Im Raum München breiten sich die neuen Sars-CoV-2-Varianten aus Großbritannien und Südafrika offenbar rascher aus als bislang bekannt. Zu diesem Ergebnis kommt das medizinische Labor Becker & Kollegen, wie die "Apotheken Umschau" berichtet.
Mutationen breiten sich seit Januar verstärkt in München aus
Dieses hat demnach bei positiven Corona-Tests untersucht, ob der Erreger der in Großbritannien erstmals entdeckten Mutation namens B1.1.7 oder der in Südafrika bemerkten Variante B1.351. entspreche. Seit Mitte Januar sei der Anteil dieser Proben aus dem Raum München deutlich gestiegen, heißt es in dem Gesundheitsmagazin. Charakteristisch für die beiden Virus-Varianten ist demnach die Mutation namens N501Y.
Die Zahlen sind mit Vorbehalt zu betrachten
Bei Proben, die das Labor zwischen dem 28. Dezember und 7. Januar untersucht hatte, wies nur eine diese Mutation auf, also lediglich 0,2 Prozent. Bei den positiven Abstrichen vom 20. Januar seien bereits 4,7 Prozent den neuen Varianten zugeordnet worden. Ein Tag später, bei den Abstrichen vom 21. Januar, habe sich der Wert auf 8,1 Prozent vervielfacht. Diese Zahlen seien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten, warnt der zuständige Chefmediziner des Münchner Labors, Jürgen Durner, in der "Apotheken Umschau".
Facharzt Durner: Tendenz kann ernstgenommen werden
Die Stichproben mit weniger als 200 positiven Proben seien in Bezug auf die positiven Tests in ganz Süddeutschland klein und auch nicht repräsentativ. Die Tendenz, so Durner zu dem Gesundheitsmagazin, könne und solle jedoch ernst genommen werden. Bei ursprünglichen Methoden zur Feststellung des "herkömmlichen" Sars-CoV-2-Typ, auch "Wildtyp" genannt, wird die vollständige Sequenz des viralen Genoms analysiert. Becker & Kollegen wählten zur Diagnostik eine neue und schnellere Methode, bei der das Erbgut des Erregers nicht komplett gelesen wird. Nach eigenen Angaben haben Becker & Kollegen diese Methode selbst mitentwickelt.
So funktioniert die Testreihe
Facharzt Durner erklärte der "Apotheken Umschau: "Wir haben nun gezielt nur die Stelle des Erbguts analysiert, wo der Aminosäureaustausch N501Y vorhanden ist, der für beide Varianten charakteristisch ist." Es gehe um ein sogenanntes "Spike-Protein", welches an der Oberfläche des Virus sitze und als Andockprotein an die menschlichen Zellen diene. Nur ein Bruchteil des Virusgenoms sei dabei angesehen worden. Dies reiche schon aus, um innerhalb weniger Stunden, am Tag nach dem Abstrich, sagen zu können, ob es sich um den Wildtyp oder eine Variante handle.
Charité bestätigt die Methode
Die Resultate dieser ersten Testreihe sind auch von einem Labor der Berliner Charité getestet worden - mit identischen Befunden. "Das bestätigt, dass die Methode funktioniert", so Durner. Jedes Labor, das mit Geräten zur PCR-Analyse ausgestattet sei, könne nach dieser Methode schnell die Sars-CoV-2-positiven Proben auf die Mutation N501Y, und damit auf eine der Virusvarianten testen. Experten sind besorgt, dass die Mutationen ansteckender als die "herkömmliche" Covid-19-Variante sein könnte. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock sagte etwa am Sonntag im Sender Sky News, es sei nicht sicher, wie tödlich die Mutation wirklich sei. "Aber das ist egal. Wichtig ist: Wir müssen dieses Virus unter Kontrolle bekommen."
Höhere Sterblichkeit ist nicht sicher
Der britische Premierminister Boris Johnson wies darauf hin, dass die Mutationen womöglich tödlicher seien. "Wir wurden heute darüber informiert, dass es zusätzlich zur schnelleren Ausbreitung einige Hinweise dafür gibt, dass die neue Variante (...) mit einer höheren Sterblichkeit verbunden sein könnte", sagte er bereits vor dem Wochenende. Allerdings zweifeln Experten daran, dass Johnsons Aussage zutrifft. "Ich mache mir Sorgen, dass wir Dinge voreilig melden, wenn die Daten noch nicht wirklich besonders aussagekräftig sind", sagte Mike Tildesley, Mitglied des wissenschaftlichen Expertengremiums Sage der BBC. Er wolle noch ein bis zwei Wochen warten, "bevor wir wirklich starke Schlussfolgerungen ziehen", sagte er weiter. Ähnlich äußerte sich die medizinische Direktorin der Gesundheitsbehörde Public Health England, Yvonne Doyle.