Corona-Lockerungen in München: Die Friseure atmen auf - zumindest ein bisserl

München - Corona - das übergeordnete Thema, über das gesprochen wird. Und wo wird mehr gesprochen, erzählt und natürlich auch lamentiert als beim Friseur?
Man stelle sich vor, den ganzen Tag dieselben Sorgen, dieselben verärgerten Aussagen, dieselben Beschwerden, zehnmal, fünfzehnmal. In Dauerschleife.
Große psychische Belastung für Friseure
Was die Friseure dieser Tage durchmachen, das trifft sie nicht nur wirtschaftlich, es ist nicht nur der Mehraufwand, um die Hygienevorschriften einzuhalten. Es ist eine große psychische Belastung. Immerhin die Testpflicht gehört nun wohl ab Dienstag erstmal wieder der Vergangenheit an.
"Viele unserer Kunden waren verärgert darüber, dass sie ein negatives Testergebnis vorlegen sollten, Diskussionen waren an der Tagesordnung", berichtet Markus Loboda, Geschäftsführer des Le Salon München in der Altstadt. "Einige versuchten sich sogar durchzumogeln, zeigten uns irgendwelche Dokumente oder behaupteten, sie hätten das Testergebnis zu Hause vergessen."
Glücklicherweise gebe es direkt gegenüber eine Apotheke, die auch ohne Voranmeldung testet. Dennoch: "Einige Kunden weigerten sich. Sie sagten ihre Termine ab oder verschoben sie gleich um ein paar Wochen", bedauert Loboda.
"Die Regeln hatten nicht wir festgelegt, da waren wir machtlos. Das mussten wir leider immer wieder erklären." Auch die Reisebeschränkungen seien ein entscheidender Faktor für die aktuell abgeflachte Nachfrage.
Internationale Stammkunden und Laufkundschaft fallen weg
"Wir hatten Stammkunden aus der ganzen Welt, die uns während ihrer Aufenthalte in den umliegenden Hotels besucht haben. Natürlich auch viel Laufkundschaft. Touristen, Geschäftsleute… dass sie ausbleiben, das spüren wir deutlich."
Auch Yasemin Alaca musste feststellen, dass die Nachfrage nach dem ersten großen Andrang schlagartig abgenommen hat. Sie ist die Tochter von Geschäftsführerin Conny Reiß, die einen Salon in Untergiesing führt.
Alaca erklärt sich den Rückgang weniger mit der Testpflicht, als mit der wirtschaftlichen Situation ihrer Kunden: "Wir haben das schon an Ostern gemerkt, dass deutlich weniger Kunden zu uns kommen. Viele haben Angst, einige haben auch einfach kein Geld und tönen sich die Haare selbst", stellt Alaca fest.
Starker Rückgang auch bei Kindern
Besonders bei den Kindern sei der Rückgang stark zu spüren: "Wir dürfen ja nur eine beschränkte Anzahl an Personen in den Laden lassen, das ist kompliziert für uns mit der erwachsenen Begleitperson."
In dem 100 Quadratmeter großen Salon dürfen maximal vier Personen bedient werden, früher waren es sechs bis sieben Plätze. "Wir halten jeden zweiten Platz frei", erklärt Alaca.
Die Testpflicht sei von ihren Kunden gut angenommen worden. Niemand habe sich beschwert. "Unsere Stammkunden sind sehr verständnisvoll, wir hatten deswegen keine Probleme." Einzig der bürokratische Mehraufwand war mühsam, "denn wir mussten jedes Testergebnis kopieren oder ausdrucken und abheften, das kostete noch mal mehr Zeit."
Testen ist vielen zu stressig
Ganz andere Erfahrungen hat Nesrin Sancar gemacht. Die 30-Jährige ist Geschäftsführerin der Nesrin Hairlounge in Pasing. Viele ihrer Kunden hätten wegen der Testpflicht Termine verschoben.
"Unseren Kunden war es oft zu stressig, sich noch nach der Arbeit testen zu lassen, bevor sie zu uns kommen. Einige haben angerufen und ihre Termine abgesagt oder verschoben. Deswegen bin ich sehr froh, dass das jetzt wegfällt. Und ich hoffe sehr, dass das auch nicht wiederkommt. Das war umständlich sowohl für uns als auch für die Kunden", sagt Sancar.

Auch sie spüre, dass es einigen ihrer Kunden finanziell nicht gut gehe. "Wir sind kein günstiger Friseur. Früher haben die Kunden vorher nicht nach dem Preis gefragt, oft wurden Gesamtpakete gebucht. Jetzt ist das schon anders. Einige Kunden sind sparsamer geworden und fragen vorher nach."
Überhaupt sei die Stimmung sehr gedrückt. "Die meisten Menschen nimmt die Situation unheimlich mit", nimmt die junge Geschäftsführerin wahr.
"Sinkende Inzidenz macht Hoffnung" auf einen Weg in die Freiheit
Doch da ist auch ein Licht am Ende des Tunnels: Seit Wochen zum ersten Mal fiel letzte Woche die Inzidenz in München unter 100. "Da spürte ich ein kleines Aufatmen bei unseren Kunden", sagt Daniel Krannich, stellvertretender Filialleiter des Pony Club in Gräfelfing.
"Die sinkende Inzidenz macht Hoffnung, dass da ein Weg in die Freiheit ist." Jetzt fallen die Tests erst mal weg, das ist natürlich gut, "Ich selbst habe in den letzten Wochen nicht durchgeblickt, ob ich ohne Test in den Baumarkt komme oder nicht. Daher erwarteten wir das auch nicht von unseren Kunden", so Krannich.

"Natürlich hoffe ich sehr, dass der Wegfall der Testpflicht jetzt endgültig ist." In der Anfangsphase nach dem zweiten Lockdown hätten sich viele Überstunden angesammelt. "Da haben sich alle Termine angestaut, die normalerweise über mehrere Monate verteilt sind." Das sei sehr kräftezehrend gewesen.
"Friseure stehen für Normalität im Leben"
Viel Verständnis für ihre Kunden hat auch Kerstin Bolz. Ihr Salon in Laim ist ein klassischer Stadtteilsalon, der Friseur von nebenan. "Wir sind eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen im Viertel. Friseure stehen für Normalität im Leben, ein geöffneter Salon beruhigt einfach." Dennoch, auch sie sei wegen der Testpflicht ständig in der Rechtfertigungshaltung gewesen.
"Das ist unheimlich anstrengend und irgendwann wird man leider ziemlich dünnhäutig." Sie wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik: "Wir Friseure sind wichtig für das Wohlbefinden der Menschen. Ich will mich nicht beschweren, denn andere Branchen trifft es sehr viel härter, doch eine Impfpriorisierung für Friseure wäre auf jeden Fall wünschenswert."
Normalität im Leben, kaum jemand wünscht sich das gerade nicht. Ein ganz normaler Friseurtermin, ohne Maske und mit einem Willkommens-Prosecco zum Anstoßen.
Die sinkenden Inzidenzen lassen hoffen, dass das früher oder später wieder möglich sein wird. Immerhin die Testpflicht ist schon mal Vergangenheit.