Corona-Krise: Warten auf die Wiesnabsage

München - Derzeit zuckt man ja schon zusammen, wenn sich im Fernsehen zwei umarmen. Die Vorstellung, dass Millionen Menschen schunkeln, busseln oder einfach nebeneinander auf Bierbänken sitzen, scheint sehr abstrakt.
Als am Mittwoch bekanntgegeben wurde, dass wegen der Ansteckungsgefahr durch Corona Bund und Länder bis zunächst Ende August keine Großveranstaltungen erlauben, da war das ein Hoffnungsschimmer für Wiesnfans – und vor allem für jene, für die die Wiesn Arbeit und Geld bedeutet. Das Oktoberfest soll heuer nämlich am 19. September starten.
Eine finale Entscheidung sei noch nicht getroffen, das betont Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dieser Tage. In den kommenden beiden Wochen wolle er zusammen mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) darüber beraten und entscheiden.

Wiesn im September? Söder ist "sehr, sehr skeptisch"
Grundsätzlich stehe das Volksfest aber "sicher" auf der Kippe. "Es wäre zwar schade, aber aus jetziger Sicht eher unwahrscheinlich", betonte Söder im Bayerischen Fernsehen. "Ich bin sehr, sehr skeptisch und kann mir aus jetziger Sicht kaum vorstellen, dass eine solch große Veranstaltung überhaupt möglich ist zu dem Zeitpunkt."
Für die Wirtschaft in München wäre eine Absage ein weiterer herber Schlag: "An der Wiesn hängen brutal viele Schicksale", sagt Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). Etwa 1,5 Milliarden Euro Wirtschaftskraft hängt am Oktoberfest, die durch Steuern auch wieder in die Kassen der Stadt gespült wird.
"Das sind Existenzen, die man nicht mit einem Federstrich beiseite wischen darf", sagt Baumgärtner weiter. Aber: "Die oberste Prämisse ist die Gesundheit der Besucher." Solange man eine Ansteckung nicht ausschließen könne, sei es undenkbar, eine solche Veranstaltung durchzuführen.
Wirte-Sprecher Schottenhamel: "Das ist ein Tod auf Raten"
Baumgärtner betont, dass so eine weitreichende Entscheidung wohlüberlegt getroffen werden müsse und dass deshalb noch Abwarten und Beobachten angesagt sei. Warten – mehr bleibt derzeit auch vielen Wirten nicht übrig. "Das ist ein Tod auf Raten, den wir hier serviert bekommen", sagt Christian Schottenhamel, Sprecher der Wiesnwirte und Sprecher vom Gaststättenverband Dehoga.

Ihn treibt aber vielmehr die Sorge um seinen Nockherberg, aber auch die Gaststätten seiner Kollegen um, weniger die Wiesn. "Die Entscheidung muss jetzt nicht fallen, wir haben noch fast ein halbes Jahr. Der Zeltbauer fängt erst im Juli an mit dem Aufbau, wir haben bei der Wiesn keinen Druck."
Sollte die Wiesn abgesagt werden, ist das "eine Entscheidung, die wir nicht in Frage stellen werden", sagt Schottenhamel. Besonders hart würde eine Wiesnabsage die Schausteller treffen. Das Frühlingsfest hatte die Stadt noch versucht zu retten, in dem ein Termin im Sommer angepeilt wurde – doch das ist nun hinfällig.
Jakobidult Ende Juli findet vielleicht statt
Jetzt auch noch die Wiesn und die vielen kleinen und großen Volksfeste in ganz Deutschland, die heuer nicht stattfinden werden. Die Jungen Freien Wähler in Bayern fordern deshalb einen Rettungsfonds für die Schausteller.
Von der Stadt, das macht Clemens Baumgärtner klar, kann der nicht kommen: "Dazu bräuchten wir Mittel, aber die Steuereinnahmen reduzieren sich. Wir wollen aber auch nicht sagen, dass uns das nicht interessiert. Deshalb werden wir uns wohl mit unterstützenden Marketingmaßnahmen einbringen."
So hatte es die Stadt schon bei der abgesagten Maidult gemacht, indem sie Kontaktmöglichkeiten zu den Händlern über das Internet herstellt und Dultgutscheine mit zehn Prozent Rabatt verkauft.
Die Jakobidult Ende Juli findet vielleicht sogar statt. "Da gibt es noch keine Entscheidung, denn es geht um die Frage, was ein Jahrmarkt ist und was eine klassische Marktveranstaltung ist", sagt Baumgärtner. Und auch für die Wiesn haben alle noch ein bisserl Hoffnung. Denn "die Hoffnung stirbt zuletzt", sagt Schottenhamel.
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