Kommentar

Corona-Kommunikation: Dieter Reiters 180-Grad-Wendung

AZ-Lokalchef Felix Müller über Dieter Reiters Corona-Politik.
von  Felix Müller

München - Es ist erst ein paar Wochen her, da verteidigte Dieter Reiter zum Jahreswechsel in der AZ nochmal seine zurückhaltende Corona-Kommunikation. Er habe sich nie geäußert, sagte er sinngemäß über sein lautes Schweigen, weil Markus Söder immer alles richtig gemacht habe. Und, so Reiter wörtlich, er selbst leide "weder an mangelnder Bekanntheit noch an Profilneurose".

Reiters Corona-Kommunikation hat sich gedreht

Nun ja. An der bescheidenen Selbsteinschätzung dürfte sich nichts geändert haben. Reiters Corona-Kommunikation aber steuert auf eine 180-Grad-Wendung zu. Seit ein paar Tagen will er den Eindruck erwecken, er sei es, der Söder vor sich hertreibe. Reiter, der kein Parkbank-Sitz-Verbot, keine Polizei-Dauerkontrollen in den Parks, kein Spielplatz-betreten-Schild je kritisiert hatte, fordert plötzlich forsch Öffnungen für Handel, Gastro, Kultur, will sich zum Gesicht der Lockerungen machen.

Münchner OB hat sich endlich zum Akteur gemacht

Das ist nun offenbar seine Strategie – so schätzt man es parteiübergreifend und leicht überrascht ein. Von Reiters Näschen für die geänderte Stimmung ist als Erklärung auf den Rathaus-Fluren die Rede.

Reiters Offensive ist trotzdem richtig. Es war höchste Zeit. Aber: Mit seiner Für-nichts-Eigenes-stehen-Strategie hatte er bisher CSU und Grüne immer hinter sich. Die CSU, weil sie Söder nie widerspricht. Die Grünen, weil sie die Lockerungen mit Sorge sehen. Dafür schluckten die Ökos, dass sie sich vom OB viel zu wenig einbezogen fühlen, wie es gar nicht so leise aus der Koalition grummelt.

Nun hat sich Reiter endlich zum Akteur gemacht. Jetzt muss er damit klarkommen, dass man für ernsthafte Corona-Politik immer Gegenwind bekommen kann. Und er nun an seinen Worten gemessen wird.

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