Corona: Jedem fünften Münchner Unternehmen droht die Schließung

Kleinen und mittleren Gewerbetreibenden setzt die Krise besonders zu: Vier von fünf brauchen staatliche Zuschüsse. Im bundesweiten Vergleich stehen die Münchner aber besser da.
von  Nina Job
"Unser letzter Herbst/Winter": Das Schuhhaus Thomas macht Schluss. Wie viele Geschäfte werden noch folgen?
"Unser letzter Herbst/Winter": Das Schuhhaus Thomas macht Schluss. Wie viele Geschäfte werden noch folgen? © Daniel von Loeper

München - Gewerbetreibende, Freiberufler, Handwerker - Corona setzt ihnen mächtig zu. 43 Prozent der Münchner Unternehmen hat die Krise stark getroffen, für mehr als ein Fünftel (21 Prozent) aller ist sie sogar existenzbedrohend.

Das hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsons im Auftrag der Commerzbank ergeben. 3.500 Unternehmer wurden befragt, davon 100 Münchner. Die Ergebnisse für München im Detail:

Ohne Zuschüsse wären viele pleite gegangen

Finanzhilfen
Ohne Zuschüsse wäre es für viele nicht weitergegangen.
- Etwa ein Drittel der Unternehmer hat staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch genommen. "Am häufigsten wurden dabei die Zuschüsse von Land und Bund genutzt", sagt Herbert Maier, Leiter Unternehmerkunden bei der Commerzbank München.
- In mehr als 80 Prozent der Fälle lag die Unterstützung unter 10.000 Euro. "Das ist mehr als im bundesweiten Vergleich mit 57 Prozent. Das heißt, dass insbesondere viele kleine Unternehmen in München betroffen sind", betont Maier.

Kündigungen
- 72 Prozent der Unternehmer kommen laut Studie bislang ohne Personalmaßnahmen durch die Corona-Krise - damit steht München gut da: Bundesweit schaffen das nur knapp zwei Drittel.
- Ein effektives Mittel gegen Kündigungen ist das Kurzarbeitergeld: Fast jeder vierte Unternehmer hat Kurzarbeit angemeldet.
- Fünf Prozent müssen Kündigungen aussprechen (bundesweit acht Prozent).
- Auf Neueinstellung verzichten derzeit acht Prozent der Münchner Unternehmer.

München führend beim Homeoffice

Flexible Arbeitszeit
- Corona hat der Möglichkeit, zu Hause arbeiten zu können, einen Schub gegeben. Bei etwa zwei Dritteln aller befragten Betriebe arbeiten die Mitarbeiter inzwischen im Homeoffice - das sind neun Prozent mehr als noch vor der Krise. Damit hat München im bundesweiten Vergleich deutlich die Nase vorn (München 65 Prozent, Deutschland 50 Prozent).
- Die Münchner waren aber auch schon vor der Krise führend in der Heimarbeit: Mehr als 50 Prozent der Unternehmer boten entsprechende Möglichkeiten - deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt.
- In neun Prozent der befragten Betriebe ist Homeoffice neu eingeführt worden. 33 Prozent der befragten Unternehmer gaben die Auskunft: "Ist bei uns nicht umsetzbar."

Digitalisierung
- Viele Unternehmer (35 Prozent) nutzen die Krise, um die Digitalisierung in ihrem Betrieb voranzubringen. Der Fokus liegt dabei für die meisten (69 Prozent) im Marketing und bei der Kundenkommunikation. Dafür werden weniger als 20 000 Euro gebraucht. Nur jeder Sechste will mehr als 50 000 Euro für die Digitalisierung investieren.
- Knapp die Hälfte (46 Prozent) hat vor, seinen Online-Vertrieb auszubauen. Jeder Siebte möchte den Einkauf stärker digitalisieren.
- Bei der Umsetzung drücken die Münchner aufs Tempo: Dass die Digitalisierung innerhalb eines Jahres ausgebaut ist, streben fast 70 Prozent an. Etwa ein Viertel plant mittelfristig (fünf Jahre).

Trotz Corona: Mehr neue Angebote

Kosten
- In der Krise hat knapp jeder vierte Unternehmer (24 Prozent) Kosten reduziert - das sind weniger als der Bundesdurchschnitt. Je 20 Prozent nutzen verstärkt digitale Vertriebswege und kommunizieren öfter über soziale Medien.

Angebot
- Nur ein kleiner Teil (sieben Prozent) der Befragten musste sein Produktangebot reduzieren. Mehr als jeder fünfte Unternehmer schafft dagegen neue Angebote.

Mehr Zeit und mehr Kreativität

Positive Folgen
Viele Münchner Unternehmer können der Krise auch Positives abgewinnen.
- In immerhin einem Drittel der Unternehmen scheint der Zusammenhalt größer: Die befragten Chefs stellten mehr Teamgeist und einen stärkeren Zusammenhalt fest.
- Flexible Arbeitszeiten bedeuten für viele Entschleunigung. Laut Studie freut sich ein Drittel der Unternehmer über mehr Zeit für sich und die Familie. Genau so viele sind kreativer als vorher.

Für die Befragung wurden Unternehmer mit einem Jahresumsatz bis 15 Millionen Euro befragt. Bei welcher Bank sie Kunde sind, spielte keine Rolle.

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