Christian Ude: Lustvoll ins Rentenalter

Seit 19 Jahren ist Christian Ude Münchens Oberbürgermeister. Am Freitag wir er 65. Wie ihn das Amt geprägt hat, was er vermisst und was er Politikern rät - Ude im AZ-Interview..
von  Willi Bock
Christian Ude: allein und übergroß – und alle hören auf sein Kommando. Man sieht, das gefällt ihm: Beim Dirigieren auf der Wiesn, als Mann an der Stadtspitze und als der vielbestaunte Tonangeber in der großen und kleinen Politik.
Christian Ude: allein und übergroß – und alle hören auf sein Kommando. Man sieht, das gefällt ihm: Beim Dirigieren auf der Wiesn, als Mann an der Stadtspitze und als der vielbestaunte Tonangeber in der großen und kleinen Politik. © dpa

Nach 19 Jahren an der Spitze der Stadt hofft Münchens Oberbürgermeister Christian Ude: „Mein Milieuschaden hält sich hoffentlich in Grenzen.“ Wie ihn das Amt geprägt hat, was er vermisst und was er Politikern rät.

Christian Ude ist ein Ur-Schwabinger , und Generationen kennen nur ihn als OB. Seit 1993 regiert Ude München, ab Freitag könnte er Rentner sein. Ein Interview zum Geburtstag.

AZ: Herr Ude, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Wie fühlt sich das an, 65 Jahre alt zu sein?

CHRISTIAN UDE: Die Zahl erschreckt mich nicht. Allgemein erwarten die Menschen, dass man sich aus dem aktiven Betrieb zurückzieht. Und ich trete wirklich passgenau in der Geburtstagswoche in einen noch spannenderen und größeren Aktionskreis.

Das klingt gar nicht schlimm.

Bei meinem Sechzigsten war das anders. Da bin ich vor dem Sechser davor erschrocken, weil man sich in meiner Jugend darunter graumelierte, ruhebedürftige Herren vorgestellt hat. Aber jetzt macht es mir ausgesprochen Spaß, diese Regel in lustvoller Weise zu widerlegen.

Ist das Ihr persönliches Anti-Aging-Programm?

Ja. Ich habe neue Trainer, neue Themen und zusätzlich zu meinem 60-Stunden-Job als Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetags noch viele Aufgaben außerhalb der Stadt.

22 Jahre Kärrnerarbeit im Rathaus, davon 19 Jahre als OB: Wie hat Sie das Amt verändert?

Ich glaube, dass jeder Beruf und jedes Amt einen prägen. Der Anwaltsberuf hat mich auch geprägt und vor allem zeitweise meine Sprache verdorben. Ich habe im Nachhinein gesehen, dass ich schlechte Texte geschrieben habe, weil das Juristendeutsch durchgeschlagen ist. Und Journalismus verführt einen zu einer gewissen Oberflächlichkeit, aber befähigt auch dazu, etwas anschaulich darzustellen.

Und das OB-Amt?

Beim OB-Amt ist es so, dass man zu einer Vielseitigkeit gezwungen ist und sich auch um Themen kümmern muss, die einem eigentlich nicht liegen. Aber im OB-Leben gibt es keine weißen Flecken und keine Themen, um die man sich drücken kann. Ein OB muss alles entscheiden, was auf den Tisch kommt. Das ist zunächst einmal eine Horizonterweiterung, aber natürlich auch mit der Gefahr verbunden, dass man sich schnell entscheiden muss und dadurch manchmal die erforderliche Sorgfalt vermissen lässt.

Sie denken nicht, dass Sie das Amt negativ beeinflusst hat?

Vielleicht wird es schwerer, sich in ein Team einzufügen, wenn man zwei Jahrzehnte lang die Nummer Eins ist und die Letztverantwortung alleine trägt. Aber das Wohlfühlen im Team und die Unterstützung durchs Team sind so wichtig, dass sich mein Milieu-Schaden hoffentlich in Grenzen hält.

Was raten Sie jemandem, der in die große Politik einsteigt?

Mein erster Rat ist, sich nicht auffressen zu lassen. Die Politik hat eine Sogwirkung für Termine und weitere Funktionen, der man sich widersetzen muss. Man muss aufpassen, dass die private Person noch Zeit hat, sich zu entfalten. Ich rate dazu, sich auch kritische Stimmen in die Nähe zu stellen, weil einem in einem wichtigen Amt viele Leute nicht mehr offen die Meinung sagen.

Da hört man heraus, dass Sie in den 22 Rathausjahren etwas verpasst haben.

Dasselbe wie in meiner politisch geprägten Jugend. Im Nachhinein habe ich mir gesagt: Warum habe ich alle Montagabende im Unterbezirksvorstand gesessen? Da wäre doch mal ein Ausflug reizvoll gewesen oder ein Auslandssemester. Jetzt weiß ich auch, dass ich viele private Begegnungen versäumt habe, weil der Kalender proppenvoll ist. Aber das sind Dinge, die man im Ruhestandsalter nachholen kann. Ich weiß nur nicht, wann das Ruhestandsalter beginnt.

Wie wichtig ist dabei Ihre Frau?

Sie ist die zentrale Person, meine engste Beraterin – und das gleich in der Früh und wieder am Abend. Bei ihr weiß ich, dass sie schon aus Zuneigung eine hohe Erwartung hat, dass ich keine Fehler mache, die ihr übel aufstoßen würden.

Das gesamte Interview und was prominente Gratulanten über Christian Ude sagen, lesen Sie in der Freitag-Ausgabe der Abendzeitung.

 

 

 

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