Chinesischer Spion oder nur ein „Sündenbock“?

MÜNCHEN - Yihe M. filmte heimlich in einem bayerischen Unternehmen – Er soll versucht haben, Betriebsgeheimnisse wie den Produktionsablauf eines renommierten Betonteile-Herstellers auszuspionieren. jetzt steht er vor Gericht
Yihe M. (42) kann nicht verstehen, warum man ihn in München vor Gericht gezerrt hat. Die Bilder von Betonpaneelen, Plastikfolien und Spezialschalungen, die der Geschäftsführer einer chinesischen Baufirma bei einer Betriebsbesichtigung in der Betonproduktion in Kolbermoor mit einer Minikamera gemacht hat, seien doch nur aus Versehen entstanden. Er habe das Gefühl, zum „Sündenbock“ für ein gescheitertes Millionen-Projekt gemacht zu werden. Das Bild des chinesischen Werksspions bediene ein bekanntes deutsches Vorurteil.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geschäftsführer des Schanghai-Unternehmens folgendes vor: Er soll versucht haben, Betriebsgeheimnisse wie den Produktionsablauf des renommierten Betonteile-Herstellers auszuspionieren. Die Kamera mit den sensiblen Aufnahmen wurde am 31. August am Ende der Betriebsbesichtigung entdeckt. Yihe M. wanderte in U-Haft.
Dabei hatte die bayerisch-chinesische Zusammenarbeit gut begonnen, berichtet Geschäftsführer Wolfgang R. im Zeugenstand. Für ein Bürogebäude-Projekt der britischen Star-Architektin Zaha Hadid (baute unter anderem BMW Leipzig und die Olympische Schwimmhalle London) suchte die oberbayrische Firma einen Partner mit dem notwendigen chinesischen Knowhow. Im Juli habe man sich in Kolbermoor getroffen. Yihe M. machte einen positiven Eindruck, die deutsche Firma kündigte der Architektin an, dass man mit dem Chinesen kooperieren wolle.
Seit dem „Vorfall“ stehe man aber unter Schock. Deshalb sei auch die Teilnahme an dem Hadid-Projekt gescheitert. Der Prozess wird fortgesetzt.
J. Schneider