Chinesin (38) zur Prostitution gezwungen

MÜNCHEN - Dreifache Mutter wird drei Jahre als Sex-Sklavin in einem Haus in München zur Prostitution gezwungen. Das Martyrium, die Flucht und wie sie sich jetzt vor der Chinesen-Mafia verstecken muss.
Deutschland hielt sie für einen sicheren Hafen. Zuhause in China drohte der dreifachen Mutter die Zwangssterilisation. Doch dann geriet Lian (Name geändert) in die Fänge skrupelloser Menschenhändler. Eineinhalb Jahre hielten sie die Chinesin als Sex–Sklavin in einem Geheimbordell in München gefangen, bis ihr die Flucht gelang.
Schweren Herzens musste Lian 2007 ihren Mann und ihre drei Kinder in China zurücklassen. Nach der Geburt ihres dritten Kindes hatte die Familie Strafe zahlen müssen. Die Behörden drohten ihr sogar mit Zwangssterilisation – in China sollen Ehepaare nicht mehr als ein Kind haben.
"Ich kann dir einen gut bezahlten Job verschaffen"
3000 Euro zahlte Lian einer Schleuserbande. Mit falschen Papieren landete sie am Frankfurter Flughafen und später in der Asylbewerberunterkunft an der Baierbrunner Straße in Obersendling. Dort sprach sie im März 2007 ein Landsmann an. Qiang Ge, nannte er sich, was übersetzt so viel wie „großer Bruder“ bedeutet. „Ich kann dir einen gut bezahlten Job verschaffen“, behauptete er und lud Lian in seinen Wagen. Etwa eine Stunde kutschierte er sie herum. Ziel war ein cremefarbenes Einfamilienhaus mit verwahrlostem Garten – vermutlich in München oder dem Landkreis. „Die Frau weiß bis heute nicht wohin sie gebracht wurde“, sagt Polizeihauptkommissar Ralph Irlbauer, Chef des K 35 zuständig für Rotlichtdelikte.
Einziger Hinweis: Während der Fahrt erwähnte Qiang Ge ein typisch bayerisches Lokal an dem sie vorbei kamen, eine Wirtschaft mit langen Holzbänken und Tischen, in der es Schweinshaxn gibt. Lian wurde nach ihrer Ankunft in eine Kammer unter dem Dach gesperrt. Ihr Gefängnis bestand aus einem Bett, einem Tisch, Stuhl, Dusche und einem Waschbecken. Eineinhalb Jahre war das ihre Welt. Durch die Dachluke konnte sie das Nachbarhaus sehen. Dort lebte ein Ehepaar mit einem kleinen Kind. Lian durfte nicht raus, durfte mit niemandem sprechen. Essen und Trinken brachte ihr Qiang Ge aufs Zimmer. Außer den Freiern ließ er niemand zu ihr. „Wenn du nicht mitmachst“, drohte er, „bringen wir dich und deine Familie um.“
Jeden Tag kamen fremde Männer zu Lian
Jeden Tag kamen fremde Männer zu Lian, meist Asiaten aber auch Europäer. Geld bekam Lian nie, das kassierten Quiang Ge und seine Helfer. „Irgendwann war ich nur noch eine Hülle“, erzählte Lian nach ihrer Flucht einem Polizisten, „ich habe alles über mich ergehen lassen und gehofft, dass es vorbei geht.“
Wochen, Monate vergingen, das Martyrium schien für sie kein Ende zu nehmen. Im August 2008 gelang ihr schließlich doch die Flucht. Lian beantragte erneut Asyl. Dabei flog auf, dass man sie zur Prostitution gezwungen hatte. Die Polizei wurde eingeschaltet. Lian war so stark traumatisiert, dass Polizisten sie erst im Mai 2008 befragen konnten.
Bis heute hat Lian aus Scham keinen Kontakt mit ihrer Familie aufgenommen. Sie versteckt sich aus Angst vor der Sex-Mafia. Ein schwacher Trost: Wenigstens ihr Antrag auf Asyl wurde inzwischen genehmigt. Ob das Geheimbordell noch existiert, ist unklar. Angeblich wurden dort noch mehr Frauen zum Sex gezwungen. Hinweise nimmt die Polizei auch vertraulich entgegen (Tel.: 089 29100)
Ralph Hub