"Chaotisches Wochenende": Sperrungen auf stark frequentierter Bahnstrecke von München nach Salzburg

München/Salzburg - Wer mit der Bayerischen Regiobahn (BRB) auf der Strecke München-Salzburg reist, ist ohnehin Kummer gewöhnt. Besonders in den vergangenen Wochen beeinträchtigen Baustellen den Zugverkehr so stark, dass es viele Pendler Nerven kostet.
Und vor allen Dingen Zeit: Denn Zugausfälle, Schienenersatzverkehr und Verspätungen sind zwar angekündigt, nur ist wenig Verlass auf sie. Abgesehen davon, dass die Züge oft himmelschreiend überfüllt sind.
Da könnte es einerseits eine gute Nachricht sein, dass nun Arbeiten gebündelt werden sollen und die Strecke von Rosenheim nach Freilassing von 23., abends, bis 26. November komplett gesperrt werden soll.
"Versagen": Wegen Bauarbeiten sind zeitgleich zwei Zugstrecken gesperrt
Laut einer Sprecherin der DB Netze sei die Totalsperrung bei Teisendorf "seit Jahren bekannt und den Bahnunternehmen auch so kommuniziert". Das Unternehmen habe daher bewusst weitere Instandhaltungsmaßnahmen in diesen Zeitraum gelegt.
Was erst einmal gut klingt, bewertet der Fahrgäste-Verband Pro Bahn ganz anders, spricht sogar von "Versagen". Denn: Zeitgleich finden auch auf der Ausweichstrecke nach München, nämlich zwischen Freilassing und Mühldorf, Arbeiten für die Inbetriebnahme von drei neuen elektronischen Stellwerken an der Strecke statt.
Kein Ersatzverkehr: Nur die wichtigsten Fernverkehrslinien werden umgeleitet
"Wir bedauern, dass sich die Baumaßnahmen auf den beiden Strecken überschneiden", erfährt die AZ von DB Netze. Ressourcenbedingt aufgrund der engen Zeitfenster könne man diese nicht entflechten.
Pro Bahn ist der Ansicht, man müsse die Arbeiten noch stärker bündeln. "Bei einer Autobahn würde niemand akzeptieren, wenn eine Vollsperre erfolgt und die Umleitungsstrecke ebenso wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Das ist auch auf der Schiene inakzeptabel", sagt der bayerische Pro Bahn-Vize Marco Kragulji.
Die DB Netze scheint das nicht zu interessieren: "Einen Ersatzverkehr zwischen Rosenheim und Salzburg richtet DB Fernverkehr nicht ein. Stattdessen hält die DB durch aufwendige Umleitungen die wichtigsten Fernverkehrsströme aufrecht", heißt es lapidar auf AZ-Anfrage. Kragulji rät daher von Reisen auf der Strecke explizit ab. "Damit sind die Weichen für ein chaotisches Wochenende gestellt."
Sperrung fällt auf den Start des Salzburger Christkindlmarkts
Laut Pro Bahn werden innerhalb von anderthalb Monaten mehrere Bauarbeiten durchgeführt, die in fünf unterschiedlichen Ersatzkonzepten resultieren. In der Tat sind die Fahrplanänderungen, die die BRB veröffentlicht, äußerst unübersichtlich. Das Unternehmen betreibt auf der Strecke den RE5, der den Regionalverkehr zwischen München und Salzburg bedient.
Laufend kommt es zu Problemen auf der Strecke. Den "schwarzen Peter" will die BRB jedoch nicht haben. "Die mangelhafte und kurzsichtige Baustellenplanung der DB Netz AG schlägt hier wieder mit aller Gewalt zu", sagt BRB-Chef Arnulf Schuchmann. Gerade die zeitgleiche Sperrung, noch dazu wo in Salzburg der Christkindlmarkt starte, mache ihn "fassungslos". Er rät ebenso von Fahrten ab.

Zwar organisiert die BRB Schienenersatzverkehr. Aber laut BRB sind dazu 48 Busse pro Tag nötig. Zwischen 10.000 und 20.000 Fahrgäste sind dort laut BRB täglich unterwegs. "Aufgrund des vorherrschenden Personalmangels auch bei Busanbietern ist allerdings jetzt schon absehbar, dass diese Menge nicht zu bekommen sein wird", so eine Sprecherin der BRB.
Die Bedürfnisse der Fahrgäste müssen an oberste Stelle gesetzt werden, so Verkehrsminister Bernreiter
Pro Bahn sieht den Freistaat in der Pflicht. Nachgefragt beim alten und neuen Staatsminister für Verkehr in Bayern. Der schimpft erst mal auf Berlin. Denn der Bund sei für die Schieneninfrastruktur zuständig und als alleiniger Eigentümer von DB Netz hier der Taktgeber, sagt Christian Bernreiter (CSU) der AZ. "Hier liegt vieles im Argen, das habe ich gegenüber Berlin und auch der DB oft deutlich gemacht."
Zwar habe Bernreiter Verständnis, dass Strecken modernisiert werden, weil dies die Hauptursache für unpünktliche Züge sei. Aber: "Ich fordere DB und Bund auf, dabei aber die Bedürfnisse der Fahrgäste nicht so einfach zu ignorieren, sondern bei der Planung an oberste Stelle zu setzen." Es sei keinem geholfen, wenn dadurch Fahrgäste dem öffentlichen Verkehr den Rücken kehren.
Wie sich der Streit zwischen der GDL und der Deutschen Bahn noch auf die Baustelle und den Zugverkehr auswirken wird, ist derzeit laut einer DB-Netze-Sprecherin unklar: "Das müssten Sie bei der GDL erfragen."