Chaos in der Luft: Gestrandet am Airport

München war am Freitag der einzige offene Airport in Deutschland. Doch abheben konnten die wenigsten, und auch die Laune der Passagiere blieb am Boden
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Daniel von Loeper Illustration

MÜNCHEN - München war am Freitag der einzige offene Airport in Deutschland. Doch abheben konnten die wenigsten, und auch die Laune der Passagiere blieb am Boden

Entnervter Blick, müde Augen, lange Gesichter — unter den Passagieren am Münchner Flughafen herrscht Verzweiflung. „Was läufst du da lang, bist du blind“, ruft eine ältere Frau ihrem müden Mann hinterher. Die Aschewolke des Island-Vulkans legt Europas Flugverkehr lahm – und er schlägt auf die Laune der Betroffenen. London, Paris, Frankfurt, und dann auch München. Bis Freitag Abend war München der letzte offene deutsche Airport. Aber 360 Flüge Richtung Norden fielen aus.

In der Empfangshalle suchen Menschen aus Holland, England oder Finnland einen Ausweg. Mietwagen oder Zug? Vor dem Bahnschalter stehen Dutzende. Zwei Stunden müsse man warten, um dran zu kommen berichten sie. Ob es dann einen Fahrschein gibt, ist fraglich - fast alle Züge sind ausgebucht.

Neben dem ganzen Trubel steht Ulla Geiger und schüttelt den Kopf. Die Finnin sitzt seit 28 Stunden am Flughafen fest, hat sogar hier übernachtet. „Feldbetten gab es nicht, die Leute haben auf den Sitzen geschlafen“, erzählt die Frau, die ihr Alter nicht sagen will. „Wenigstens haben die Fluggesellschaften Brote und Wasser verteilt.“ Offiziell hieß es, dass 70 Leute am Flughafen übernachtet hätten. „Es waren weit mehr“, weiß Geiger. „Alle waren müde und frustriert.“ Ob die Ärztin am Montag in Finnland ihre Patienten behandeln kann, ist fraglich. Schon vier mal sei ihr Ticket umgebucht worden, erzählt sie. Doch kein einziges Flugzeug startet. Jetzt am Nachmittag reicht es ihr: Sie will erst einmal wieder zu ihren Münchner Freunden fahren, die sie besucht hat.

Geiger hat Glück, dass sie bei jemanden übernachten kann. Denn viele Passagiere wissen nicht, wo sie die nächsten Nächte verbringen werden. Das Hotel „Kempinski“ am Flughafen ist jedenfalls restlos ausgebucht. Was also tun? Die meisten Reisenden warten und hoffen. Wann die nächsten Flüge starten, ist völlig unklar.

Auch die Leihwagen – alle weg.: „Es gab nur noch ein Auto, und mit dem konnte man nur in die Schweiz fahren, erzählt der Holländer Jan van der Kolk. Der 61-jährige Universitäts-Professor war mit befreundeten Kollegen auf einer Fortbildung in Tel Aviv — und sitzt nun in München fest. Der Holländer rief aus Tel Aviv seine Tochter über das Handy an, diese buchte über „Air Berlin“ einen Flug nach München. „Jetzt sitzen wir hier fest, und wissen nicht, wie wir nachhause kommen. Die Vorhersagen sind auch so schlecht, ständig werden von Mitarbeitern des Flughafens andere Aussagen gemacht“, klagt van der Kolk. „Wir sollen noch nicht einmal unser Geld für den Flug rückerstattet bekommen — immerhin 290 Euro!“

Und auch ein Londoner Ehepaar ist von der Hilfsbereitschaft des vollkommen überforderten Flughafenpersonals nicht begeistert.

„Die Leute sind unfreundlich, man bekommt keine Antwort“, erzählt Florence Apeni (42). Apeni wollte wissen, wo man telefonieren kann. Der Akku ihres Handys sei leer, und sie müsste dringend nachhause telefonieren, erzählt sie aufgebracht. Sie und ihr Ehemann Daniel (55) müssten dringend nach London, den Babysitter ablösen, der auf ihre fünf Kinder aufpasst. Wann sie dort ankommen werden, weiß niemand. Das Tourismusamt in München hat bis nach Garmisch gesucht und 200 Hotelzimmer aufgetrieben, um die Gestrandeten unterzubringen. Angesichts der Riesenmesse Bauma ist München ohnehin fast ausgebucht.

Jennifer Köllen

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