Chaos an den Flughäfen - aber nicht in München

Nach der Pandemie möchten die Menschen wieder reisen, doch an Europas Flughäfen fehlt das Personal. Jetzt warnen Experten vor einem Kollaps.
von  Leonie Fuchs/dpa
Am Münchner Flughafen bilden sich gestern Mittag einige Menschenschlangen vor den Check-in-Schaltern. Fotos: Daniel von Loeper
Am Münchner Flughafen bilden sich gestern Mittag einige Menschenschlangen vor den Check-in-Schaltern. Fotos: Daniel von Loeper © Foto: Daniel von Loeper

München - Am Münchner Flughafen geht es recht gemächlich zu. Einige Menschenschlangen bilden sich am Mittag vor den Check-in-Schaltern am Terminal 1. Doch anders als an anderen Flughäfen Europas, an denen derzeit große Personalnot herrscht, findet man in München noch keine gestrandeten Passagiere oder Hunderte gestrichene Flüge. Jedoch würden auch hier Mitarbeiter fehlen, sagt Verdi-Sprecher Dennis Dacke der AZ. Wird es ein chaotischer Sommer?

Kurzfristige Lösungen sind eher unwahrscheinlich 

Seit Wochen gibt es an Europas Flughäfen massive Probleme aufgrund der Personalnot. Allein die Lufthansa will im Juli 900 Flüge in München und Frankfurt streichen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte am Wochenende, er rechne nicht mit einer baldigen Besserung der Lage: "Die Situation im europäischen Luftverkehrssystem ist für alle eine enorme Herausforderung." Doch seien kurzfristige Lösungen eher unwahrscheinlich, so Wissing weiter.

 

Laut der stellvertretenden Verdi-Vorsitzenden Christine Behle, die auch stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der Lufthansa ist, wird sich die Situation noch zuspitzen. "Der Sommer wird chaotisch." Gründe seien der europäische Zwangswettbewerb und die damit einhergehenden Einsparungen an Personalkosten um 30 bis 40 Prozent durch Outsourcing und Tarifflucht. Dieses Personal fehle jetzt massiv, wo die Zahl der Buchungen steige.

"Es muss jetzt schnell mehr Personal angeworben werden"

Der Lockdown während der Corona-Pandemie habe zudem zu Kurzarbeit und Entlassungen geführt, auch hätten sich viele Mitarbeiter andere Jobs gesucht, erklärt Verdi-Sprecher Dacke weiter der AZ.

Die Lage am Münchner Flughafen? "Entspannt", sagt Familie Ganea.
Die Lage am Münchner Flughafen? "Entspannt", sagt Familie Ganea. © Foto: Daniel von Loeper

Die jetzige Situation an Flughäfen sei nur der Anfang. Man müsse jetzt schnell reagieren und bessere Arbeitsbedingungen schaffen, sonst sei ein Kollaps im Sommer vorprogrammiert. "Das Wichtigste in dieser Lage ist, dass schnell mehr Personal angeworben wird und Dienstleistungen wieder selbst von den Flughafengesellschaften erbracht und die Beschäftigten dort angestellt werden", so auch Behle.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte weiterhin als eine mögliche Lösung für den erwarteten Urlauber-Ansturm einen stärkeren Einsatz der Bundespolizei bei den Sicherheitskontrollen.

Bereit für den Urlaub: Für Felix Wagner geht es in die Türkei.
Bereit für den Urlaub: Für Felix Wagner geht es in die Türkei. © Foto: Daniel von Loeper

Auch bei der Passagier-Abfertigung ist der Personalmangel spürbar

Von der Personalnot in allen Dienstleistungsbereichen am Boden - etwa bei der Sicherheitskontrolle, beim Check-in oder der Gepäckabfertigung - seien laut Verdi hierzulande alle großen Flughäfen betroffen, etwa Frankfurt, Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Doch auch in Memmingen, Nürnberg und München sei der Mangel spürbar, so Dacke.

In der bayerischen Landeshauptstadt sei die Lage nur etwas besser, weil das Sicherheitspersonal bei einer Firma im Besitz des Freistaats angestellt sei und nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes bezahlt werde. Doch fehle bereits ein Rädchen im System, sei ein ganzer Kreislauf betroffen.

"Man muss schon mehr Zeit einplanen", findet ein Fluggast

Gestern Mittag hält sich der Trubel am Münchner Flughafen noch in Grenzen. Claudio und Linda Ganea (35 und 31) fliegen gleich mit ihrem Sohn nach Istanbul. Merken sie etwas von der Personalnot? "Nein, alles ganz entspannt heute", erklären sie der AZ im Chor. "Hoffentlich müssen wir nicht so lange warten." Anders sieht es Felix Wagner (37), der sich gerade für seinen Flug nach Izmir in die Türkei anmelden möchte. "Man muss schon mehr Zeit einplanen - die Schlange ist jetzt schon sehr lang."

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