Interview

Wie rechts stehen die Burschenschaften in München?

Wie rechts stehen die Burschenschaften in München? AZ-Gespräch mit dem Rechtsextremismus-Experten Robert Andreasch.
von  Laura Meschede
"Viel Feind, viel Ehr", so sieht sich die Münchner Burschenschaft Danubia.
"Viel Feind, viel Ehr", so sieht sich die Münchner Burschenschaft Danubia. © Sigi Müller

München - Robert Andreasch ist Experte für Rechtsextremismus und arbeitet für die antifaschistische Dokumentationsstelle Aida. Mit der AZ sprach über die Münchner Burschenschaften und ihre problematischen Positionen.

AZ: Herr Andreasch, auf dem Treffen in Potsdam, das die großen Proteste gegen rechts ausgelöst hat, war auch ein Mitglied der Burschenschaft Danubia aus München anwesend.
ROBERT ANDREASCH: Offenbar sogar zwei! Der rechtsradikale Verleger Hans-Ulrich Kopp, der zu den Alten Herren der Danubia gehört – und ein Student, dessen Name mir nicht bekannt ist. Gernot Mörig, der das Treffen ausgerichtet hat, ist allerdings auch der Schwiegervater von einem bekannten Danubia-Mitglied. Wenig verwunderlich also, dass er auch einige Danubia-Mitglieder eingeladen hat.

Robert Andreasch ist Experte für Rechtsextremismus und arbeitet für die antifaschistische Dokumentationsstelle Aida.
Robert Andreasch ist Experte für Rechtsextremismus und arbeitet für die antifaschistische Dokumentationsstelle Aida. © privat

Im Verbandsmagazin der Deutschen Burschenschaft wurde schon im Dezember von einer Veranstaltung einer Leipziger DB-Burschenschaft zum Thema "Remigration" berichtet.
Naja, erstmal muss man sagen: Allgemein ist dieses Thema nicht neu. Björn Höcke hat schon 2018 in seinem Buch sehr klar formuliert, dass sein Ziel die gewaltsame Deportation von Millionen Menschen ist. Die Rechten haben diese Themen also schon viel länger besprochen – sie sind nur erst durch die Recherchen von Correktiv in der breiten Bevölkerung bekannt geworden.

Rechtsextremismus-Experte Robert Andreasch: "Kein Mensch ist unpolitisch"

Bislang hat sich der öffentliche Blick in München sehr stark auf die Danubia konzentriert. Aber die "Burschenschaftlichen Blätter" mit ihrem "Remigrations"-Artikel werden beispielsweise von der Münchner Burschenschaft Cimbria herausgegeben.
Das liegt daran, dass die Münchner Cimbria aktuell den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft führt; der Vorsitz der DB ist immer automatisch auch Herausgeber der "Burschenschaftlichen Blätter". Dass das wenig bekannt ist, empfinde ich aber ebenfalls als Problem. Der Verfassungsschutz beispielsweise beobachtet in München ausschließlich die Aktivitias der Burschenschaft Danubia. Die Cimbria, die immerhin den Vorsitz der DB führt, wird von ihm ebenso wenig beobachtet wie die Alten Herren der Danubia.

Was würden Sie sagen, wie viele rechtsradikale Verbindungen es in München abgesehen von der Danubia gibt?
In München gibt es etwa 60 bis 70 Studentenverbindungen. Die sind allerdings nicht alle Burschenschaften und auch nicht alle rechtsradikal. Manchmal ärgere ich mich da ein bisschen, weil in der Berichterstattung teilweise wild durcheinander geworfen wird. Aber eine katholische Studentenverbindung ist aber doch etwas anderes als eine rechtsradikale Burschenschaft.

Was ist der Unterschied zwischen Burschenschaften und Verbindungen?
Das ist zum Teil historisch entstanden. Ursprünglich waren die Burschenschafter Bürger und die in den Korps Aristokraten, das waren politische Feinde. Und dann geb es eben noch die katholischen Verbindungen, die neben der Politik das Element des Glaubens betonten.

Und heute?
Heute wollen die Burschenschaften explizit politisch sein, während die anderen Verbindungen sich als unpolitisch bezeichnen. Das ist natürlich quatsch, kein Mensch ist unpolitisch, aber sie tragen keine oder kaum politische Aussagen nach außen. Die Burschenschaften dagegen sind offensiv politisch, wobei ihre politische Botschaft um die Begriffe "Vaterland" und "Ehre" fokussiert.

Also sind Burschenschaften rechtsradikal und Verbindungen nicht?
So kann man das nicht sagen. Aber die Burschenschaften tragen ihre Inhalte offensiver nach außen und stehen deshalb mehr im Fokus – deshalb wissen wir auch mehr über sie, als über die meisten Verbindungen. Und damit bekommen wir schneller mit, wenn sie rechtsradikale Inhalte vertreten.

Burschenschaften in München: "Auch innerhalb der radikalen Rechten gibt es Auseinandersetzungen"

In der Deutschen Burschenschaft gab es in den letzten jahren viele Auseinandersetzungen um rechtsradikale Aussagen. Und so einige Burschenschaften sind deshalb aus dem Verband ausgetreten...
Das stimmt. Aber dass eine Burschenschaft aus der DB ausgetreten ist, muss nicht zwingend bedeuten, dass sie deswegen weniger rechts ist. Auch innerhalb der radikalen Rechten gibt es starke Auseinandersetzungen – und zwar oft einfach über strategische Fragen. Diskutiert wird dann nicht: Ist eine faschistische Linie gut oder schlecht?

Sondern?
Sondern: Wie gewinnt man neue Anhänger? Ist es dafür sinnvoll oder abschreckend, eine faschistische Linie offensiv an die Öffentlichkeit zu tragen? Die Streitlinien verlaufen da oft ganz anders, als sie in der medialen Öffentlichkeit rezipiert werden. In der AfD beispielsweise ist es oft gerade der rechte Rand, der für eine zurückhaltendere Rhetorik plädiert. Für die Burschenschaften heißt das: Die anderen tun so, als sei die Danubia das eine braune Blatt. Dabei ist das Unsinn – die tragen es nur am sichtbarsten nach außen, weil ihr Ruf sowieso schon ruiniert ist.

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