Bundesverfassungsericht entscheidet über Grundsteuer: Einheitswert auf Kippe

Karlsruhe, München - Die Grundsteuer steht auf dem Prüfstand: Mehrere Grundstückseigentümer sind vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Ihrer Meinung nach ist die Grundsteuer verfassungswidrig und bedarf einer Reform.
Sollte das Gericht ebenfalls zu diesem Schluss kommen, wovon Experten ausgehen , hätte dies weitreichende Folgen: Im schlimmsten Fall könnten Städte und Gemeinden während einer Reform und Neuberechnung keine Grundsteuer mehr erheben - eine finanzielle Katastrophe für die Kommunen. Denn sie ist eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen: Im Jahr 2016 etwa spülte sie bundesweit etwa 13,3 Milliarden Euro in die Kassen.
Auch für Grundstückseigentümer und Mieter kann es teurer werden: Wer heute wenig Grundsteuer zahlt, könnte künftig stärker zur Kasse gebeten werden - und umgekehrt. Hauseigentümer dürfen die höhere Steuer - wie bisher auch - mit der Nebenkostenabrechnung an die Mieter weitergegeben.
Was ist die Grundsteuer überhaupt? Grundsteuer muss jeder Eigentümer eines Grundstücks zahlen. Unterschieden wird zwischen Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen und Grundsteuer B für Baugrund. Sie berechnet sich nach dem Marktwert des Bodens: Je höher der Wert, desto höher die Grundsteuer.
Grundsteuer: Deshalb muss das Bundesverfassungsericht entscheiden
Was ist das Problem dabei? Der Wert der rund 35 Millionen deutschen Grundstücke ist seit Jahrzehnten nicht mehr festgestellt worden. Die Grundsteuer basiert daher nicht auf den aktuellen, sondern auf Werten von 1964. In Ostdeutschland sogar auf Werten von 1935.
Warum muss jetzt das Verfassungsgericht entscheiden? Die Werte der Grundstücke haben sich extrem unterschiedlich entwickelt. Wenn zwei Grundstücke 1964 noch gleich viel wert waren, kann sich dies heute deutlich unterscheiden. In Großstädten ist der Wert schneller gestiegen als auf dem Land. Allein München hat enorm an Wert zugelegt, ebenso die heute so begehrten Lagen an den Seen in der Umgebung.
Neuberechnung der Grundstücke würde zehn Jahre dauern
Was sagt die Politik dazu? Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass sich etwas verändern muss. 2016 hatte die Mehrheit der Bundesländer ein neues Berechnungsverfahren vorgeschlagen. Aber Bayern und Hamburg waren dagegen, weil sie zu starke Steuererhöhungen befürchteten.
Welche möglichen Lösungen gäbe es? Entweder die Neuberechnung des Marktwerts aller Grundstücke - was Experten zufolge bis zu zehn Jahre dauern könnte und Grundstückseigentümer eher stärker belastet, dafür Mieter in Mehrfamilienhäusern eher entlastet. Oder ein neues Berechnungsverfahren, das die Höhe der Steuer von Kriterien wie Größe, Lage, Verkehrsanbindung sowie Baukosten und Grundfläche des Gebäudes abhängig macht.