Bürgergutachten zur Paketposthalle: Gerne Hochhäuser - aber grüner

112 Bürger haben sich mit der Paketposthalle beschäftigt. Ihr Fazit: Es soll nicht noch einmal ganz von vorne geplant werden. Einen Wettbewerb hätten viele besser gefunden - zu spät!
von  Christina Hertel
Was in die alte Halle kommt, steht noch nicht fest.
Was in die alte Halle kommt, steht noch nicht fest. © V.: Herzog & de Meuron

München - Zuerst habe er gedacht, das Ganze sei ein großer Scherz. Doch hätte er den Brief, den er im Sommer von der Stadt erhalten hatte, einfach im Mülleimer verschwinden lassen - er hätte es lange bereut. Da ist sich Odysseus Panagiotides, ein Flugzeug-Ingenieur, sicher.

Mit dem Brief hatte ihn die Stadt zufällig ausgewählt. Er sollte als einer von 112 Münchnern über das Areal rund um die Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke diskutieren und am Ende eine Empfehlung abgeben, wie die Stadt dort weiterverfahren soll.

Es bleibt alles so, wie es ist

Die Stadt fasste all das in einer Broschüre zusammen und stellte die wichtigsten Ergebnisse am Freitag vor. Das Fazit: Eine Abkehr von den bestehenden Plänen gibt es nicht.

"Bürger*innengutachten" nennt sich dieses Beteiligungsformat. Die Stadt wählte es auch deshalb, weil das wichtige Gelände rund um die Paketposthalle kontrovers diskutiert wird: Das Grundstück ist 8,7 Hektar groß, befindet sich an der Bahn in Neuhausen. Beste Lage - bislang für die Öffentlichkeit allerdings verschlossen. Die Post nutzt es als Briefzentrum.

Das Areal soll ein vielfältiger Anziehungspunkt werden

Der Grünwalder Investor Ralf Büschl will das ändern. Er kaufte das Areal 2018 und verfolgt seitdem den Plan, aus der Halle einen Anziehungspunkt zu machen. Vielleicht mit einem Konzertsaal oder mit Märkten und Ausstellungen. Das genaue Konzept steht noch nicht fest, dafür der Plan, dass neben der Halle zwei 155 Meter Höhe Türme gebaut werden.

Bei vielen Münchnern sorgte das für Aufregung: Immerhin hatte es 2004 ein Bürgerbegehren gegeben, das die maximale Höhe von Gebäuden auf 100 Meter begrenzte.

Einen städtebaulichen Wettbewerb gab es für das Gelände nie. Das renommierte Architekturbüro Herzog & de Meuron erstellte einen Masterplan, der neben der Halle und den beiden Hochhäusern sechs sechsgeschossige Wohnhäuser beinhaltet.

Mit diesem Masterplan setzten sich die 112 zufällig ausgewählten Münchner an vier Tagen jeweils acht Stunden lang auseinander. Die Teilnehmer sollten einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden und nach und nach zu Experten der Pläne werden.

Alle Beteiligten wurden miteinbezogen

Und so hörten sie den Investor und seine Architekten, aber auch andere Stadtplaner, Verkehrsexperten, Vertreter des Denkmalschutzes, Schallgutachter und Mitarbeiter des Planungsreferats.

In Kleingruppen diskutierten die Bürger und gaben anschließend Handlungsempfehlungen ab. Die wichtigste Erkenntnis: Eine Mehrheit der Beteiligten fordert, dass der bestehende Masterplan weiterverfolgt wird. Zwar wäre es nach Ansicht der Teilnehmer besser gewesen, von vorn herein einen städtebaulichen Wettbewerb durchzuführen.

Ein Bürgergutachten mit klarem Signal

Am schlimmsten wäre es aber, wenn der Investor bloß das verwirklichen würde, was der Bebauungsplan erlaubt: reine Bürobebauung an der Wilhelm-Hale-Straße.
Für Investor Ralf Büschl steht deshalb fest: "Das Bürgergutachten ist auch eine deutliche Absage an das laute Geschrei der wenigen Gegner."

Damit, dass die Münchner bald über die Höhe der Türme in einem Ratsbegehren abstimmen, darf man wohl nicht rechnen: Wenn die Wähler bei einem solchen Entscheid spontan ihr Kreuz machen, hätte es nicht die gleiche Qualität wie das Bürgergutachten, erklärte Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos).

Ideen der Bürger sollen übernommen werden

Die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden wünscht sich zwar, dass die Münchner grundsätzlich noch einmal entscheiden dürfen, wie hoch Gebäude in München sein dürfen. Aber auch sie stellte in Frage, ob es sinnvoll ist, dies mit der Paketposthalle zu verbinden.

Die Hände in den Schoß legen können die Planer nun aber nicht. Die Teilnehmer hätten ein "dickes Hausaufgabenbuch" mitgegeben, sagt Stadtbaurätin Merk. Und der Investor Ralf Büschl kündigte an, "die wertvollen Impulse" zu übernehmen.

Wohnblöcke in grüner Umgebung - das ist der Wunsch 

Besonders wichtig war den Teilnehmern, dass möglichst nachhaltig und autoarm geplant wird - es solle in dieser Hinsicht ein "Leuchtturmprojekt" werden. Auch mehr Grünflächen sind den Teilnehmern wichtig. Allerdings nicht zulasten des Wohnraums. Ansonsten sollen die Wohnblöcke höher gebaut werden.

Vor der Paketposthalle soll es einen Vorplatz geben. "Die Halle darf kein reiner Konsumort werden", sagt Maximilian Hembeck, ein angehender Lehrer, der sich in seiner Gruppe mit der Nutzung beschäftigte. Seine Forderung: Die Stadt sollte die Halle mitbewirtschaften.

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