Bürgerbegehren "Grünflächen erhalten": Münchner Stadtrat stimmt jetzt doch zu

München - Bei Bauprojekten muss die Stadt das Grün ab sofort stärker berücksichtigen. Sie will alle Grünflächen erhalten, so wie sie im Flächennutzungsplan aus dem Jahr 2016 eingezeichnet sind.
Der Stadtrat hat damit die Forderungen des Bürgerbegehrens „Grünflächen erhalten“ mehrheitlich übernommen. Die Münchnerinnen und Münchner müssen also in keinem Bürgerentscheid darüber abstimmen.
Es war bereits das zweite Mal, dass der Stadtrat das Bürgerbegehren übernahm. Allerdings beschlossen Grüne und CSU zuerst die Einschränkung, dass bestehende Planungen fortgesetzt werden sollen – auch wenn dann eine Grünfläche bebaut würde. Das monierte die Regierung von Oberbayern. Der Beschluss musste daraufhin wiederholt werden.
Bürgerbegehren "Grünflächen erhalten": Stadt sagt "Ja"
Bis zur Abstimmung am Mittwoch war unklar, ob es möglicherweise nicht doch zu einem Bürgerentscheid kommen würde. Denn alle drei großen Fraktionen, also Grüne, SPD und CSU, hatten unterschiedliche Vorstellungen, wie man am besten mit dem Bürgerbegehren umgehen sollte.
Die CSU blieb dabei, das Bürgerbegehren komplett zu übernehmen und trotzdem in Einzelfällen (etwa, wenn die Planungen weit fortgeschritten sind) zu bauen. CSU-Chef Manuel Pretzl hatte sich von der Regierung von Oberbayern versichern lassen, dass Kommunen tatsächlich einen Gestaltungsspielraum haben.
Die Grünen wiederum wollten eine Gegenfrage einbringen. Diese zielte darauf ab, dass die Stadt Grünflächen vermehren und aufwerten soll. Schließlich, so führte es Grünen-Chefin Mona Fuchs aus, brauche München nicht nur Rasen, der im Sommer gelb statt grün ist, sondern vor allem mehr Bäume, Blühwiesen und Stauden.
Weder die CSU noch die SPD konnte sich aber für diese Gegenfrage erwärmen. Beide Fraktionen gingen davon aus, dass es dem Wähler schwer zu vermitteln sein würde, warum er nicht gleich sein Kreuz bei der ursprünglichen Frage machen sollte.
SPD und FDP gegen Übernahme des Bürgerbegehrens
Eine andere Gegenfrage konnte aus juristischen Gründen nicht gefunden werden, schilderte SPD-Chef Christian Müller. Seine Fraktion und auch die FDP sprachen sich dagegen aus, das Bürgerbegehren zu übernehmen. Sie fürchten, dass so dem Stadtrat die Planungshoheit genommen und Wohnungsbau verlangsamt werde. Allerdings betonten beide, dass sie grundsätzlich für den Erhalt von Grün sind.
Als „Sternstunde der Demokratie“ bezeichnete Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) dieses Hin- und Her, freilich ironisch gemeint. Auch er plädierte wie die SPD dafür, den Bürgerentscheid durchzuführen – ohne Gegenfrage.
„Ich verstehe den Wunsch auf den Erhalt von Grünflächen zu 100 Prozent“, sagte Reiter. „Einziger Einwand: Meine Aufgabe als OB ist, Themen gegeneinander abzuwägen.“ Schulen und Feuerwehren müssten nach Bedarf geplant werden, zur Not auch auf einer Grünfläche. Allerdings werde diese ersetzt, wenn möglich in der Nähe. Er halte es für sinnvoll diese Planungshoheit bei der Stadt zu belassen, betonte der OB.
Gleichzeitig gab Reiter ein Versprechen: Sollte sich der Stadtrat entscheiden, das Bürgerbegehren anzunehmen (oder sollte eine Mehrheit der Wähler in einem Entscheid dafür stimmen), werde er darauf achten, dass die Grünflächen wirklich erhalten werden. Viele Ausnahmen werde es mit ihm nicht geben.
Merk: Ausnahmen juristisch möglich
Juristisch gesehen seien Ausnahmen allerdings möglich, sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos). Aber auch sie betonte, sich an das Bürgerbegehren zu halten.
Allerdings werden dadurch aus ihrer Sicht Verfahren nicht schneller. Bestehende Planungen werde ihr Referat nun überprüfen müssen. Als ein Beispiel nannte Merk den fünften Bauabschnitt in Riem, der gerade geplant wird und der zum Teil auch auf einer Grünfläche liegt.
Die Grünen schwenkten schließlich doch auf Kurs der CSU um. Noch weniger hätten die sich auf die Position der SPD einlassen können, „die es radikal ablehnen Grünflächen zu schützen“, sagte Fuchs. Das hatte laute Zwischenrufe der SPD zur Folge. Und die Aufforderung des OB, dass Fuchs, „wenn sie schon nicht zuhören kann“, nach der Sitzung doch noch einmal das Protokoll lesen solle.