Bub (8 Monate) soll abgeschoben werden - allein!

Der wenige Monate alte Karam soll in den nächsten Tagen nach Serbien ausreisen. Seine Mutter kämpft – und lebt seither in Angst.
von  Anne-Kathrin Koophamel
Die junge Familie im Ausländerwohnheim:  Karam (8 Monate) mit seiner Mutter Maida und Bruder Akram (4 Jahre).
Die junge Familie im Ausländerwohnheim: Karam (8 Monate) mit seiner Mutter Maida und Bruder Akram (4 Jahre). © Petra Schramek

München - Karam klammert sich fest an seine Mutter. Als ob der acht Monate alte Säugling wüsste, dass er abgeschoben werden soll. Allein, ohne seine Mutter Maida Murselovic und seine zwei Geschwister. „Die können mir doch mein Baby nicht wegnehmen“, sagt Murselovic, die seit 13 Jahren in Deutschland lebt.

Und doch: Vor einer Woche bekam die 23-Jährige einen Brief vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Darin steht: Karams Asylantrag ist aufgehoben, er muss nach Serbien. Sieben Tage habe Murselovic Zeit zu klären, wie ihr Kind in ihre einstige Heimat reisen soll: ob mit dem Bus oder per Flugzeug.

„Aber wohin soll er? Ich bin doch seine Mutter. Und ich bin hier, in Deutschland“, sagt Murselovic, und die Tränen schießen ihr in die Augen. Auf ihrem Arm fängt Karam an, aus Unsicherheit zu quengeln. Murselovic streicht die Tränen aus ihren Augen, küsst ihr Baby. „Ich bin müde und kaputt“, sagt sie. „Der Brief von der Behörde macht mich fertig.“

Seit 1999 lebt Murselovic mit einer Aufenthaltserlaubnis in Bayern. Vor dem Krieg in Serbien ist sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder hierher geflohen. Die Großeltern in Serbien sind mittlerweile tot. Nichts verbindet die junge Frau mit ihrer einstigen Heimat. In Neuburg an der Donau lernt sie den Vater ihrer Kinder kennen. Sie heiraten in der Moschee, bekommen drei Kinder.

Jetzt ist sie in München daheim. Auch wenn es nur das Zimmer im Ausländerwohnheim ist: Ein Tisch, vier Stühle, zwei Betten, nur eine Matratze. „Es ist besser, als auf der Straße zu leben“, sagt die junge Mutter. Ihr vierjähriger Sohn Akram und ihre zwei Jahre alte Tochter Medina schlafen schlecht, „mir tut der Rücken weh“, sagt Akram. Er findet es doof im Wohnheim. „Hier gibt’s nix zu spielen.“

Die Asyl-Expertin Monika Steinhauser vom Münchner Flüchtlingsrat ist überrascht über die Abschiebung des Babys. „Im Prinzip werden keine Kinder abgeschoben, wenn die Mutter eine gültige Aufenthaltsgenehmigung hat“, sagt sie. Den Brief hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschickt.

Die AZ hat um eine Stellungnahme gebeten. Zwar darf sich das Amt nicht zu konkreten Fällen äußern, teilt aber nach wenigen Stunden in einem Schreiben mit: „Lassen Sie mich betonen, dass ein Säugling nie allein ohne seine Mutter oder seinen Vater abgeschoben werden würde.“ Die Abschiebungsandrohung sei häufig ein automatisch geschickter Brief, damit der Fall von der Ausländerbehörde überhaupt bearbeitet werden kann.

Was bleibt, ist die Angst der Mutter um ihren Karam. „Ich bin fix und fertig. Meine Kinder sind hier geboren und haben ein Recht, in Deutschland zu leben.“ 

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