Bub (10) stirbt an Schweinegrippe
MÜNCHEN/GAISSACH Luca (10) litt an Adipositas, an krankhafter Fettsucht. Er musste dringend abnehmen, unter ärztlicher Aufsicht. Mit seinem Vater Marko Sch. fuhr der Bub aus Coburg (Unterfranken) in die Fachklinik Gaißach bei Bad Tölz. Die ist unter anderem auf die Adipositas-Therapie spezialisiert. In Gaißach erkrankte der Zehnjährige an einer schweren Virus-Infektion. Am Freitag starb er im Harlachinger Krankenhaus. Befund der Gerichtsmedizin: Es war die Schweinegrippe.
Luca war seit dem 20. Januar Patient in Gaißach. Letzten Mittwoch klagte er zum ersten Mal: „Ich fühle mich schlecht.” Er bekam hohes Fieber, wurde Artzney behandelt. Zunächst schien die Therapie anzuschlagen, doch am Donnerstag kam die Infektion mit Macht zurück. Der Zehnjährige bekam Infusionen, er war kaum mehr ansprechbar.
Die Ärzte in Gaißach entschlossen sich kurzfristig, den Buben wegen seines besorgniserregenden Zustandes nicht ins Tölzer Kreiskrankenhaus, sondern ins Harlachinger Krankenhaus bringen zu lassen.
Das Problem: Der Rettungshubschrauber konnte am Donnerstag wegen des dichten Nebels nicht fliegen. Der Bub wurde schließlich in einem Rettungswagen nach München gebracht.
„Er kam in einem sehr, sehr kritischen Zustand in Harlaching an”, so Michel Rodzynek von den Städtischen Kliniken. Der Bub wurde sofort auf die Intensivstation gebracht. Dort diagnostizierte man unter anderem einen hochfiebrigen Infekt mit Erbrechen und Durchfall. „Der Zustand war bereits lebensbedrohlich”, so Chefarzt Dr. Axel Heep. Am Freitag erlitt Luca einen septischen Schock und starb kurz darauf. Die mikrobiologische Untersuchung und alle Symptome sprechen deuten auf die Schweinegrippe hin. Luca ist der erste Todelfall durch das N1H1-Virus in Harlaching.
In Gaißach sind noch eine Mutter und ihre Tochter (6) aus dem Emsland erkrankt, sie hatten aber offenbar keinen Kontakt zu Luca. In der Klinik herrschen große Unruhe und Unsicherheit. „Der Bub ist völlig gesund hier angekommen”, berichtet ein Vater, dessen Kind ebenfalls in Gaißach behandelt wird. „Er muss sich hier angesteckt haben.”
Am Freitag wurden die Patienten und ihre Angehörigen von der Klinikleitung über die Todesursache informiert. Am Samstag fand eine Trauerfeier für Luca statt. „Uns wurde nahe gelegt, die Klinik mit unseren Kindern zu verlassen”, sagt eine Mutter zur AZ.
Gestern herrschte auf dem Klinikgelände eine angespannte Aufbruchsstimmung. Autos mit Kennzeichen aus ganz Deutschland wurden mit Koffern und Taschen beladen, ehe sie zur Heimreise starteten. Bis Mittwoch, so erklärten Patienten, sollen die Häuser leer sein. Drei Tage später soll die Klinik wieder in betrieb gehen.
Ein Umstand macht den Eltern und den erwachsenen Patienten große Sorge: Bei allen wurde zwar ein Abstrich von der Mundschleimhaut gemacht. Aber jetzt verteilen sie sich übers ganze Bundesgebiet – und bringen möglicherweise das N1H1-Virus nach Hause mit.
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