Brotsommelier Ralf Gießelmann in München: Brot lebt auch von der Begleitung
München - Manchmal muss erst ein Bäckermeister aus Nordrhein-Westfalen kommen, damit man mal wieder ein Aha-Erlebnis hat. Ralf Gießelmann ist ein solcher und noch dazu Brotsommelier.
Er möchte die Münchner für sein Handwerk begeistern. Darum ist er auf einer kleinen Pressetour zusammen mit dem Familienunternehmen Graef aus dem Sauerland – bekannt vor allem durch Allesschneider und Kaffeemaschinen. Nun kommt die Küchenmaschine Myestro auf den Markt, eine 18 kg schwere Knetmaschine (849,99 Euro, wird unter anderem bei Kustermann verkauft), mit der sich auch 3-Kilo-Brotlaibe zubereiten lassen.

Brotbacken kann eine sinnliche Angelegenheit sein
Dank Gießelmann wissen wir nun, was Brotbacken für eine sinnliche Angelegenheit sein kann. Er zeigt, was ein Gewürz in Kombination mit einem bestimmten Mehl bewirken kann und hat dafür seine Eigenkreation "Pane Maggiore" mitgebracht. Gießelmann geht gerne in die Berge und wollte diesen speziellen Moment einfangen, wenn man vor einer Hütte sitzt.
Das Brot ist aus Schweizer Ruchmehl gebacken und enthält nur ein Gewürz: Schabzigerklee. Die Kruste ist kastanienbraun und karamellig und das Innere grünlich, weich und duftend wie eine Almwiese. Zum Kontrast gibt's dann ein Früchtebrot, das pur schon eine Wucht ist. In Kombination mit Blauschimmelkäse wird ein Traum draus, und mit einem Schluck Dessertwein eine geschmackliche Sensation.
Da bekommt man Lust sich einmal selbst in einem Teig zu verwirklichen!
Fünf Fragen an den Brotsommelier
AZ: Herr Gießelmann, was macht ein Brotsommelier?
Ralf Gießelmann: Er kann zu jeder Speise, zu jedem Gericht das passende Brot empfehlen. Da ein Brotsommelier Bäcker sein muss, kann er auch in seine Brotkreationen sein ganzes Wissen von Foodpairing (eine Methode, zu erkennen, welche Lebensmittel geschmacklich gut zusammenpassen, d. Red.) von Aromen und verschiedenen Gewürzen mit einfließen lassen.
Es gibt so viele gute Bäcker – warum lohnt es sich, sein Brot selbst zu backen?
Ich bin ja selbst Bäckermeister. Wer sein Brot einmal selbst gebacken hat, lernt es mehr zu schätzen. Außerdem kann man persönlich noch viel mehr in die Kreativität gehen in Sachen Zutaten. So kann man auch auf besondere Ernährungswünsche eingehen, was eventuell der Bäcker vor Ort nicht schafft. Wenn man einmal sein eigenes Brot gebacken hat, sieht man erst, wie viel Arbeit dahinter steckt. Das finde ich sehr gut.

"Das Kneten an sich wird meiner Meinung nach völlig unterschätzt"
Braucht es zum Brotbacken spezielle Hilfsmittel?
Grundsätzlich würde ich schon eine Knetmaschine empfehlen. Und dann nur noch einen Backofen. Alles andere kann man mit der Hand machen.
Was sind die häufigsten Fehler beim Brotbacken?
Das Kneten an sich wird meiner Meinung nach völlig unterschätzt. Es wird oft zu kurz oder zu lange geknetet. Für die Teigstruktur ist das Klebeeiweiß zuständig, das dafür sorgt, dass das Brot im Ofen stabil bleibt. Das wird oft nicht stark genug ausgeknetet. Oder aber es wird zu lange geknetet. In beiden Fällen geht es dann wieder kaputt.
Welches Brot empfehlen Sie für den Einstieg?
Am unempfindlichsten ist tatsächlich der Weizen. Da kann man sich erst mal austesten und sehr schön das Gefühl dafür kriegen, wie lange man seinen eigenen Teig auskneten muss. Nachher kann man ihn dann so ein bisschen auseinanderziehen. Wenn er so hauchdünn wird, dass man durchsehen kann, ist er ausgeknetet. Das funktioniert mit Weizen am besten. Danach kann man sich an Sorten wie Dinkel wagen und Stück für Stück immer weiter in die Materie reinarbeiten. Bis man dann irgendwann beim Roggenvollkornbrot mit ganzen Körnern angelangt ist. Das und Semmeln sind die empfindlichsten Produkte, die Königsdisziplin.
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