Brot und Bier: Die Preise ziehen an

MÜNCHEN - Die extremen Wetterschwankungen sind schuld: Deutschlandweit wurde 11,8 Prozent weniger Getreide als im Vorjahr eingefahren, auch die Ernte in Bayern ist schlecht. Am Ende könnten es die Verbraucher sein, die mehr zahlen müssen.
Es ist ein Desaster: „So extreme Wetterschwankungen hatten wir noch nie“, sagt Martin Wieland. Er baut in Maisach Gerste und Weizen an. „Die Ernte ist heuer extrem schlecht, 60 Prozent weniger sind’s bei der Gerste“, sagt der 35-Jährige.
Zu kalt, zu nass, dann wieder zu trocken: Deutschlandweit wurde 11,8 Prozent weniger Getreide als im Vorjahr eingefahren. Sorgenkinder sind vor allem Roggen, Gerste und Weizen. „Was geerntet wird, hat schlechte Qualität“, sagt Wieland. Die Halme keimen auf dem Feld und eignen sich nicht mehr zum Backen. „Das reicht nur als Futtergetreide.“ In Franken spricht man bereits von einem Ernte-Fiasko.
Am Ende zahlt der Verbraucher für die schlechte Ernte drauf. Geringe Erträge bedeutet steigende Preise, vor allem beim Bier. „Bis zu 50 Cent teurer könnte eine Kiste werden“, sagt Werner Gloßner vom Verband der Privaten Brauereien Bayern. Anfang 2011, wenn die Restbestände aufgebraucht sind, könnte es so weit sein. Die Mehrkosten können „intern nicht mehr abgepuffert werden“, meint Gloßner. „Allein 20 Cent müssen für die Preissteigerung beim Getreide drauf geschlagen werden, der Rest ist für steigende Personalkosten.“
Auch der Bayerische Bauernverband hält das für möglich. „Der Grund ist nicht allein die schlechte Ernte, sondern dass weniger Braugerste angebaut wird“, sagte eine Sprecherin. So stieg der Preis für den aus Gerste und Weizen hergestellten Malz um 100 Euro pro Tonne. Die Bauern können so ihre minderen Erträge kompensieren – wirklich rechnen tut es sich nicht.
Auch Brot und Semmeln könnten teuerer werden: In sechs Monaten stieg der Weizenpreis um über 70 Euro. Hinzu kommt, dass wegen der Dürre Russland keinen Weizen mehr exportiert. Der Bayerische Bauernverband rechnet auch hier mit einer leichten Preissteigerung. Hohe Verluste gibt es auch beim Roggen: Das Ernteergebnis liegt knapp 30 Prozent unter dem des Vorjahres. Das Mehl an sich koste pro Semmel wenig, Verarbeitung, Lohn, Energiekosten seien höher. Agrarministerin Ilse Aigner warnte davor, dass der Handel dies nutze, um unnötig die Preise zu steigern. Es gebe keine besorgniserregenden Engpässe.
Noch bevor steht die Kartoffelernte. Es werden Einbußen bis zu 20 Prozent erwartet.
Begonnen hat dafür schon die Apfelernte. Europaweit ist es die zweitschlechteste seit zehn Jahren. Auch in Bayern, wo Äpfel das am meisten angebaute Obst sind, rechnen die Bauern mit einer eher mageren Ausbeute. „Es ist aber nicht dramatisch“, sagt Theo Däxl vom Bayerischen Bauernverband. Während im vergangenen Rekordjahr rund 200Millionen Früchte geerntet wurden, sind es heuer elf Prozent weniger.
Äpfel sind damit das dritte Obst, das von dem feuchten Sommer betroffen ist. „Erst waren die Kirschen ein Reinfall und auch die Ernte der Erdbeeren war unterdurchschnittlich“, sagt Däxl. Um bis zu 30Prozent weniger fuhren die Bauern ein.
Auch Frankens Winzer sind derzeit unruhig. Die Weinlese steht bevor und hängt an den letzten sonnigen Tagen. „Das extreme Wetter hat die Winzer gefordert“, sagt Helmut Schmidt vom Fränkischen Weinbauernverband. „Derzeit ist noch ein guter Jahrgang, wenn auch kein Jahrhundertwein drin.“
Nur ein Lebensmittel profitiert vom dem nassen Sommer: das Kraut. Es wurde genügend gegossen.
Anne Kathrin Koophamel