Brötchen, Tschüß: Da weint das Herz!
Der AZ-Bericht über norddeutsche Ausdrücke in Münchner Restaurants und Geschäften hat viele Leser-Reaktionen provoziert.
München - Ob beim Bäcker, beim Metzger oder in der Wirtschaft – preußisch überall! In der Wochenendausgabe berichtete die AZ, wie bairische Begriffe immer mehr verdrängt werden. Ein Thema, das die Gemüter erregt. Wir haben sehr viele Zuschriften erhalten und Ihnen hier eine Auswahl zusammengestellt:
Ein Graus...
„Es ist ein Graus. Tschüss, Hallo, Brötchen, Frikadelle. Da weint das Herz. Wahrscheinlich ist die Deutschisierung nicht mehr aufzuhalten. Was soll man tun, wenn sogar einheimische Jugendliche nicht mehr zu ihrem Dialekt stehen?“
Albert Fritz
„Guad“
„Ihren Artikel ,Dialekt ist nicht wurscht’ habe ich mit sehr großem Interesse gelesen. Und ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu! Die bairische Sprache sollte nicht „vernorddeutscht“ werden. Für Beispiele musste ich nicht lange suchen. Bei dem Wort ,lecker’ dreht sich bei mir der Magen um und die Ohren schmerzen! Ein Schweinsbraten zum Beispiel, kann nie „lecker“ sein. Er ist einfach nur guad.“
Elisabeth Steiger
Dialektsterben
„Es ist traurig, aber wahr, da die Medien nur noch über die Hochsprache vermitteln, werden sich alle Dialekte wohl in den nächsten drei Generationen wegschleifen. Wer dann noch Dialekt spricht, wird als Exot gelten. Schade um die schönen deutschen Dialekte, vom Bairischen bis zum Ostfriesischen.“
Oskar W. Engartner
Schon seit Jahren...
„Schon vor einigen Jahren musste ich im Fasching Frikadellen statt Fleischpflanzerl kaufen. Auf meine Frage, warum die jetzt so ausgezeichnet werden, wurde mir mitgeteilt, dass dies das KVR vorschreibt. Ich habe dort versucht eine Antwort zu bekommen - umsonst, keine Reaktion. In Berlin und Hamburg wird man darauf hingewiesen, dass es keine Semmeln gibt, sondern Schrippen bzw. Rundstücke. Auch Rotkohl gibt es zu kaufen, statt Blaukraut.“
Doris Schlüter
Schauen statt kucken
„Am meisten ärgert mi, dass bei uns nimmer gschaugt werd, sondern nua no ,kuckt’. Ob im Fernsehen, im Radio, auf da Strass’. Nix für unguad, aber bei uns in Bayern werd gschaugt und ned kuckt!“
Chuck Herrmann
Bayerischer Gruß
„Ich habe auch so ein Beispiel, über das ich ein bisserl traurig bin: Im Gasthaus ,Jagdschlössl’ am Rotkreuzplatz hing am Ausgang vom Wirtsgarten viele Jahre das Schild ,Pfia God’. Jetzt steht dort ,Auf Wiedersehen!’ Schade. Fairerweise muss ich aber erwähnen, dass in deren Speisekarte im allgemeinen doch die bairische Ausdrucksweise verwendet wird. Trotzdem: Schad is, dass’s wahr is!“
Wilhelm Wende
Nur noch Küsschen
„Bei der Bäckerei Ihle gibt es keine Riemischen mehr, sondern nur noch ,Küsschen’, weil der Name dort jemandem eingefallen ist. Die Sprachsorgfalt wird aber auch oft außerhalb des Mundartlichen verletzt: In Ihrem Beitrag kommt mehrmals die „Speisekarte" vor: "Speise..." heißt aber: Etwas zum Essen, also Speisekartoffeln, Speiseeis und so weiter. Richtig ist deswegen Speiskarte oder Speisenkarte.“
Stefan Roth
Internationale Karte
„Sowohl ,Reibekuchen’ als auch ,Reiberdatschi’ sind regionaltypische hochsprachliche Ausdrücke. Im Restaurant Lenbach nimmt man an, ein internationales Publikum hätte mit dem norddeutschen Regionalismus weniger Schwierigkeiten als mit dem süddeutschen. Dabei ist es bei internationalem Publikum ohnehin üblich, die Bezeichnung für die Gerichte auch in englischer Sprache anzugeben.“
Niklas Hilber
Schrippen in München
„Da sich Herr Höflinger ja einsichtig zeigte, können Sie dort gleich nochmals vorstellig werden. Das was ich vor Jahrzehnten bei jedem Bäcker als Raschbal kaufte und dann lange verschwunden war, wird jetzt als Schrippen verkauft. Erst heute habe ich wieder ,Brezeln’ gesehen. Komisch ist das schon, wie sich der Münchner seinen Dialekt vermiesen lässt und glaubt sich anpassen zu müssen. In anderen Bundesländern sieht man das sehr viel lockerer. Wenn man da zum Bäcker geht und nicht weiß, was ein Knauzen oder eine Seele ist, dann fragt man halt den Verkäufer. Im übrigen verlange ich in Berlin oder Norddeutschland generell keine Semmel beim Bäcker, sondern ein Brötchen. Umgekehrt kann ich wohl ebenso erwarten, dass der Berliner oder sonstige Norddeutsche lernt, was eine Semmel ist.“
Angela Schweiger