"Bringschuld": Warum stehen so viele U-Bahn-Kioske in München leer?
München - Jede schriftliche Anfrage, die im Münchner Stadtrat eingereicht wird, hat eine Bearbeitungsfrist: Innerhalb von sechs Wochen muss die Stadt, in der Regel das verantwortliche Referat, eine Antwort liefern. Das ist nicht immer möglich und dafür gibt es manchmal wirklich gute Gründe.
Wenn Anfragen aber jahrelang liegen bleiben und nicht beantwortet werden, steckt vielleicht auch etwas anderes dahinter.
Leer stehende U-Bahn-Kioske: Keine Antwort auf Stadtrats-Anfrage
Ein aktuelles Beispiel ist ein ganzes Bündel an Anfragen an das städtische Wirtschaftsreferat, respektive an die dem Wirtschaftsreferat angegliederten Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Marie Burneleit von der Partei, gemeinsam mit der Linken in einer Stadtratsfraktion, hat sie gestellt.
- Eine Anfrage zu den Arbeitsbedingungen bei der MVG vom August 2020
- Eine zu Leerstand in den Kiosk- und anderen Gastroflächen der MVG vom Dezember 2021
- Eine zur teilweise leer stehenden Traghalle der MVG neben dem MVG-Museum, ebenfalls vom Dezember 2021
- Und schließlich eine Anfrage zu leer stehenden Räumen, Tunneln, etc. der MVG vom Februar 2023.
Alle Anfragen blieben bisher unbeantwortet und die Frist wurde teils mehrmals verlängert. Die Anfrage zu den Leerständen bei den Kiosken sogar bereits fünf Mal. Grund für Burneleit, nun noch eine Anfrage nachzuschieben. Mit einer einfachen Frage: "Was macht das Referat für Arbeit und Wirtschaft und die MVG seit 168 Wochen?" So lange ist die erste Anfrage an die MVG schon unbeantwortet.
Burneleit (Die Partei): "Erfüllung der Faulenquote ist meine Aufgabe"
Die "Erfüllung der Faulenquote" sei ihre Aufgabe, so Burneleit auf AZ-Anfrage. "Von allen anderen erwarte ich mir eine fristgerechte Antwort."
Dabei gibt es durchaus aktuelle Gründe, warum Fragen zu den leer stehenden MVG-U-Bahn-Kiosken Berechtigung haben, wie der AZ-Artikel zum Kiosk an der U-Bahnstation Thalkirchen zeigt.
Derweil haben die Fragen Burneleits dazu von Dezember 2021 aber offenbar bereits Wirkung gezeigt, ohne dass sie bisher seitens der MVG offiziell beantwortet wurden: Zehn der leer stehenden Kioske werden aktuell unter dem Titel "Kunst Kioske" von Münchner Künstlern bespielt - während drei Monaten bis Ende Dezember.
Leer stehende Kioske: Stadtwerke haben "Bringschuld"
Ziemlich genau das also, was Burneleit in ihrer Anfrage angesprochen hatte - wenn auch nur vorübergehend: "Ich möchte die Kultur in den Untergrund schicken, da wo sie hingehört", sagt sie. Es sei eine ihrer Kernforderungen und die Räumlichkeiten der MVG dafür prädestiniert. "Die Kulturschaffenden Münchens sind inzwischen so bedürftig, dass sie sogar unbeheizte, fensterlose Versorgungstunnel mit 25€ pro Quadratmeter anmieten würden - das sollten wir ausnutzen", sagt sie mit einem Augenzwinkern zur AZ.
Auch die teilnehmenden Künstler sehen das Projekt teilweise kritisch und die Stadtwerke "in einer Bringschuld", damit die Kioske nicht leer stehen.
Höhere Sicherheitsanforderungen, hohe Kosten für Sanierung
Die wiederum haben im Rahmen des Kunstprojekts darauf verwiesen, dass die Sicherheitsanforderungen nun höher seien als früher. Und neu vermietete Kioske müssten aufwendig saniert werden.
Vielleicht liegt also darin der Grund, warum Stadtwerke/MVG und das Wirtschaftsreferat der Stadt immer noch warten, anstatt auf die Stadtrats-Anfragen von Marie Burneleit zu antworten. Irgendwann werden sie vielleicht noch offiziell beantwortet werden. Die jüngste Fristverlängerung läuft am 30. Dezember 2023 aus.
MVG reagiert: Antrag "versehentlich" noch nicht beantwortet
Am Montagnachmittag (20. November) schließlich hat die MVG noch auf eine AZ-Anfrage zum unbeantworteten Antrag reagiert: Der sei "versehentlich noch nicht beantwortet worden" und werde nun "zeitnah" beantwortet. Und: Es gebe auch noch "weitere Ideen für eine künstlerische Zwischennutzung der Ladeneinheiten". Die Anforderungen und Auflagen seien allerdings hoch, grundsätzlich wolle man die Ladeneinheiten langfristig vermarkten.
Schneller ging es bei einem Antrag der Grünen und der SPD, ebenfalls aus dem Jahr 2021 zum gleichen Thema: Die haben ein Nutzungskonzept für die leer stehenden Kioske erfragt. Daraus entstanden ist das dreimonatige Kunst-Kioske-Projekt. Die Antwort kam im Januar 2023.
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