Brief-Panne: Münchner wartet über einen Monat auf seine Post

Mitte Februar erhält der Münchner etliche Briefe, die eigentlich schon Mitte Januar in seinem Briefkasten hätten landen sollen. Lag's am Streik? Was die Post zur Zustell-Panne sagt.
von  Michael Schleicher
Reichlich Post im Briefkasten: Doch etliche Briefe hätten dort eigentlich schon vor rund einem Monat sein sollen.
Reichlich Post im Briefkasten: Doch etliche Briefe hätten dort eigentlich schon vor rund einem Monat sein sollen. © privat

München - Als Steffen Winkels am vergangenen Freitag seinen Briefkasten geöffnet hat, wurde er von einer Flut an Briefen überrascht. Gleich elf Stück bekam er am 17. Februar – davon waren allerdings nur drei Briefe aktuell. Die restlichen acht Stück kamen deutlich verspätet beim 32-Jährigen an, die meisten davon hätten eigentlich schon Mitte Januar bei ihm landen sollen.

"Ich verstehe nicht, wie das sein kann", sagt Winkels der AZ am Telefon. Der Münchner ist verärgert, zumal unter den deutlich verspätet zugestellten Briefen auch wichtige Unterlagen waren. "Ich bin Schöffe beim Landgericht", erklärt der 32-Jährige. Neben Gerichtsunterlagen waren Winkels zufolge auch wichtige Arbeitspapiere dabei. "Was macht das für einen Eindruck beim Arbeitgeber, wenn man Briefe erst nach mehreren Wochen beantwortet?", fragt der Münchner eher rhetorisch.

Arbeit, Gericht, Versicherung: Wenn wichtige Dokumente zu spät ankommen

Doch vor allem die verspätete Zustellung von wichtigen Gerichtsdokumenten sieht Winkels besonders problematisch. "Ich bekomme eine schriftliche Ladung und muss dann da sein. Wenn ich am besagten Tag nicht beim Gericht erscheine, werde ich angerufen", erklärt Winkels. Das Problem: Wenn er in seiner Rolle als Schöffe dann nicht spontan kommen kann – weil er beispielsweise nicht in München ist –, dann kann das Verfahren an diesem Tag im Normalfall nicht durchgeführt werden.

Ebenfalls besonders ungünstig für den 32-Jährigen: Unter den Dokumenten haben sich auch Papiere seiner privaten Krankenversicherung befunden, die in einem Schreiben auf die Anhebung der Beiträge hingewiesen hat. "Ich konnte mein Sonderkündigungsrecht nicht ausüben", erklärt Winkels – die entsprechende Frist war wegen der verspäteten Zustellung bereits abgelaufen. "Es gibt einfach einige Geschichten, die zeitkritisch sind", fasst Winkels zusammen.

Winkels hat die verspäteten Daten eingekreist, die meisten wurden Mitte Januar losgeschickt.
Winkels hat die verspäteten Daten eingekreist, die meisten wurden Mitte Januar losgeschickt. © privat

Brief für Nachbarin kommt zweieinhalb Monate zu spät an

Trauriges Highlight der Post-Panne: In Winkels Briefkasten landete auch ein Brief für die Nachbarin. Ein Fehler, der in einem Haus mit mehreren Parteien durchaus mal vorkommen kann. Dass der Brief dann aber mit dem 5. Dezember datiert ist, ist dann doch eher ungewöhnlich! "Wie erklären Sie das?", fragt Winkels in einem Schreiben, das an die Deutsche Post ging.

Der Brief an Winkels Nachbarin – datiert für den 5. Dezember 2022.
Der Brief an Winkels Nachbarin – datiert für den 5. Dezember 2022. © privat

Probleme mit verspäteten Zustellungen gab es zuletzt nicht, wie Winkels, der in einer größeren Straße in der Au wohnt, der AZ im Gespräch erklärt. In den vergangenen Tagen und Wochen kamen die Briefe immer pünktlich an. Was nun schiefgegangen ist? Winkels hat eine Vermutung: "Zu der Zeit wurde bei der Post gestreikt, wahrscheinlich gab es deshalb Probleme."

Verspätete Zustellung wegen Post-Streik?

Tatsächlich wurde Mitte Januar bei der Post gestreikt. Alleine in Bayern wurden rund 10.000 Beschäftige aus den Brief- und Paketzentren sowie der Brief- und Paketzustellung zum Streik aufgerufen.

Sind die Briefe also im Zuge des Streiks bei der Post untergegangen und wurden nun gesammelt nachgeliefert? Nein, sagt ein Post-Sprecher auf AZ-Anfrage: "Die Laufzeitverzögerungen infolge Streiks sind drastisch kürzer als beschrieben. Insofern kann ich den von Ihnen beschriebenen Zusammenhang auf Basis der vorliegenden Infos ausschließen." Ohnehin gäbe es aufgrund von Streiks in den vergangenen Jahren mittlerweile "eingespielte Prozesse, um dadurch aufgelaufene Rückstände so schnell wie möglich abzubauen", erklärte der Sprecher.

Aber was könnte dann der Grund sein, dass Winkels seine Post erst rund einen Monat später erhalten hat? Dem Post-Sprecher zufolge gäbe es unterschiedliche Gründe, die zu betrieblichen Problemen führen können – unter anderem kurzfristige Erkrankungen oder Witterungseinbrüche. "Natürlich können wir als flächendeckender Postdienstleister Unregelmäßigkeiten nicht gänzlich ausschließen", heißt es auf AZ-Anfrage.

Post-Sprecher: "Stellen in und um München sehr zuverlässig zu"

Komplette Verluste von Postsendungen seien die "große Ausnahme", sie würden sich mit Blick auf die Zahl der Sendungen insgesamt "im kaum messbaren Bereich" bewegen. "Uns zeigt es, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der Sortierung und der Zustellung jeden Tag in ganz Deutschland bis auf wenige Ausnahmen sehr gute Arbeit erbringen", so der Sprecher.

Für ihn ist der Fall von Steffen Winkels eine von ganz wenigen Ausnahmen. Denn: "Erfreulicherweise stellen wir in und um München sehr zuverlässig zu, es gibt keine generellen Verzögerungen." Auch bestimmte Stadtteile seien nicht mehr oder weniger von verzögerten Zusendungen betroffen.

Immerhin ein Problem hat die Post bei Winkels inzwischen gelöst: Das Eckhaus, in dem der Münchner wohnt, hat zwei Aufgänge – in einem wohnt Winkels, im anderen ein gewisser Herr Winkler. Nach mehreren schriftlichen Beschwerden bei der Post wurde der Prozess bei der Sortierung angepasst. Und so gehen blau markierte Briefe mittlerweile an Herrn Winkels, gelb hinterlegte an dessen Fast-Namensvetter.

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