Brenos Nachbarn: "Das war ein riesiger Feuerball"

Seit gestern steht der FC-Bayern-Profi Breno vor dem Münchner Landgericht. Er soll seine Villa in Grünwald angezündet haben. Zur Tat schweigt er – schildert aber, wie er seine Familie vermisst hat
Thorsten Huber |
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München - Legen Sie los, Herr Borges“, sagt die Vorsitzende Richterin Rosi Datzmann in Richtung Anklagebank. Dort sitzt der FC-Bayern-Spieler Breno Borges (22) mit sorgenvoller Mine. Schwere Brandstiftung wirft ihm die Münchner Staatsanwaltschaft vor. Zur Tat selbst sagt der Kicker aus Brasilien, der laut Anklage am 19. September 2011 sein Haus in Grünwald abgefackelt hat, auf Anraten seines Anwalts Werner Leitner nichts. Deshalb schlägt Datzmann vor: „Erzählen Sie doch ein bisserl was über Ihren Lebenslauf.“

Über eine Dolmetscherin gibt Borges Einblicke in das Leben eines Star-Kickers: „Ich habe früh angefangen, Fußball zu spielen. Mit 16 war ich bereits Profispieler.“ Bis er ins Fußball-Internat in Sao Paulo kommt, lebt er mit seinem älteren Bruder bei den Eltern. Der Vater ist Glaser. Die Mutter eine Reinigungskraft. Einen richtigen Schulabschluss hat Breno Borges nicht: „Dafür war keine Zeit. Ich lebte mit den anderen Spielern zusammen. 200 Kilometer von den Eltern entfernt. Alle zwei Monate habe ich sie gesehen.“

Dass Borges eine enge Beziehung zu seinen Eltern hat, wird deutlich, als er 2008 vom FC Sao Paulo zum FC Bayern München wechselt. „Ich bin mit meinen Eltern nach München gekommen. Wir haben gemeinsam im Hotel Limmerhof (Taufkirchen, die Red.) gewohnt. Ende des Jahres 2008 sind wir dann nach Grünwald gezogen“, so der Spieler.

Nur wenige Meter von Borges entfernt sitzt Ex-Bayern-Star Giovane Elber (39). Er, der Breno entdeckt und gefördert hat, kommt eigens zum Prozess aus Brasilien nach München. Dass Brenos Bayern-Karriere so endet, liege auch an Fehlern des Vereins (s. unten). Im Februar 2009 heiratet Borges seine Renata. Sie bringt zwei Kinder (10 und 6) mit in die Ehe. Der heute dreijährige Pedro ist ihr gemeinsames Kind. Für Borges ist die Familie der Lebensmittelpunkt: „In meiner Freizeit war ich zu Hause, habe mit den Kinder gespielt. Ich bin ein sehr häuslicher und familiärer Typ.“

Deshalb traf es ihn schwer, als die Bayern-Bosse ihm die Pistole auf die Brust setzten. „Ich sollte mich entscheiden. Entweder meine Frau bleibt in München oder meine Eltern. Für beide gab es keine Aufenthaltsgenehmigung“, sagt Borges, der sich bei den Bayern nie richtig wohl gefühlt hat: „Ich habe nur 30 Spiele absolviert. Ich war ein wenig traurig. Die anderen durften spielen und ich nicht.“

Richtigen Kontakt zum Trainer habe er mangels Deutschkenntnisse nie gehabt. Seine Landsleute Ricardo und Rafinha dolmetschen für den Angeklagten. „Ich hatte zwei Mal in der Woche Deutschkurs“, sagt der Angeklagte, der richtig froh gewesen ist, als er 2010 von den Bayern leihweise zum FC Nürnberg beordert wird: „Da habe ich immer spielen dürfen. Das ist richtig schön gewesen.“

Verletzungsbedingt kommt Breno im März 2011 wieder zurück nach München. Das Knie. Am 19. September 2011 erfährt er, dass er am nächsten Tag zur ärztlichen Untersuchung muss. Ein weiterer chirurgischer Eingriff steht bevor. Darum muss er auf einen gemeinsamen Wiesnabend mit Bekannten verzichten. Der Kicker ist deshalb völlig frustriert, betrinkt sich und verhält sich nach Aussage seiner Ehefrau und des Managers merkwürdig.

Als Breno laut Anklage „in emotional aufgewühltem Zustand“ einen Gegenstand aus der Küchenschublade holt und damit aus dem Haus rennt, glaubt seine Ehefrau, dass er ein Messer bei sich hat. Aus Angst verlässt sie mit den Kindern und dem Manager die Villa. Nach Erkenntnis der Ermittler soll Breno gegen 23.15 Uhr das Anwesen mit einem Fahrrad verlassen haben. Breno stürzt mit dem Radl, zieht sich eine Platzwunde am Kopf zu. Um kurz nach Mitternacht kehrt er zurück ins Haus.

Laut Anklage habe er aus Frust alkoholische Getränke oder Benzin im Haus und im Fernsehzimmer der Einliegerwohnung verschüttet. Dann soll er die mit Brandbeschleuniger getränkten Gegenstände angezündet und das Haus verlassen haben. Um 0.25 Uhr habe er bei Nachbarn geklingelt und durch die Sprechanlage gerufen haben: „Feuer, Feuer, brennt!“ Am gestrigen Nachmittag schildern Nachbarn, wie das Haus binnen Sekunden in Flammen aufging: „Das war ein riesiger Feuerball.“

Der Schaden wird auf eine Million Euro geschätzt. Breno drohen bis zu 15 Jahre Haft, das Urteil soll am 17. Juli gefällt werden. Brenos Vertrag beim FC Bayern läuft am 30. Juni aus – Lazio Rom will ihn verpflichten.

 

 

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