Braun, kahl, fleckig: Kastanien in München fallen heuer besonders auf

München - Am Isartor fällt es besonders ins Auge: Die Kastanien sind schon beinahe komplett laublos, die kahlen Gerippe stehen arg gebeutelt an der Brücken-Baustelle. Doch nicht nur diese Kastanien sind betroffen, in der ganzen Stadt fällt derzeit auf, dass Rosskastanien arg braun oder gar schon blattlos sind.
"Schuld an dem Zustand der Bäume ist die eingeschleppte Kastanienminiermotte", erklärt Biologie-Dozent Thomas Gerl von der LMU im Gespräch mit der AZ. Im Frühjahr sehen die Kastanien oft noch gut aus, dann legt die Motte ihre Eier und im Sommer schlüpfen dann die meisten Falter – der Baum bekommt dann die typischen braunen Flecken und fängt an zu welken.
Einzelne Kastanien können bereits im August blattlos sein
"Es kann dann sein, dass einzelne Rosskastanien tatsächlich schon im August ihre Blätter verlieren", sagt Gerl. "Die Bäume überleben das aber", weiß er. "Die Kastanien werden dann etwas kleiner, aber ein Absterben der Bäume konnten wir bislang noch nicht beobachten".
Das Phänomen ist im Übrigen nicht neu, die Miniermotte breitet sich seit rund 30 Jahren in Westeuropa aus. "Jedes Jahr um 50 weitere Kilometer, mittlerweile gibt es sie auch in England", sagt Gerl der AZ.
Dieses Jahr fallen die braunen Kastanien besonders auf
Dieses Jahr aber fallen die befallenen Kastanien zumindest optisch deutlich mehr auf – weil der Sommer so nass war. "Wiesen, Bäume und Büsche sind momentan noch besonders grün, das Wetter war für sie hervorragend, weil es kein Hitzesommer war", so Gerl.
So fällt es dann aber umso mehr auf, wenn braune Kastanien neben grünen anderen Laubbäumen stehen. Wie eben etwa am Isartor.

So kamen die Kastanien nach München
Heimisch ist die Rosskastanie in München - genau wie die Rosskastanienminiermotte - nicht. Heimisch ist der Baum eigentlich im Balkan, in Mitteleuropa wurde er ab dem 16. Jahrhundert eingeführt.
In München wurde der Baum vor allem im 19. Jahrhundert populär, dank der aufkommenden Biergartenkultur. Um über den Sommer Bier zu lagern, legten Münchner Bierbrauer in den Flussterrassen der Isar tiefe Bierkeller an, in denen man das Bier ganzjährig mit Eis kühl halten konnte. Um die Durchschnittstemperatur der Lager weiter zu senken, streuten sie auf dem Boden des Hangs Kies und pflanzten Kastanien, weil diese im Vergleich zu anderen Laubbäumen große Kronen haben und so im Sommer am meisten Schatten werfen. Die flachen Wurzeln der Kastanien schädigten außerdem das Kellergewölbe nicht.