BR-Doku: Neue Rätsel bei Oktoberfest-Attentat

Recherchen ergeben: Ein Finger, der am Tatort gefunden wurde, lässt sich niemandem zuordnen. Am Dienstag zeigt der BR dazu die Doku "Attentäter - Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat"
von  Von Helmut Reister
Wenige Minuten nach der Explosion: Ein Feuerwehrmann und Passanten versorgen einen der vielen Verletzten. Links oben: Attentäter Gundolf Köhler.
Wenige Minuten nach der Explosion: Ein Feuerwehrmann und Passanten versorgen einen der vielen Verletzten. Links oben: Attentäter Gundolf Köhler. © dpa/AZ

München - Neue Zeugen, neue Spuren – und neue Erkenntnisse zu der offenen Frage, wie der Anschlag auf das Oktoberfest vor 35 Jahren wirklich abgelaufen sein könnte. Der Münchner Filmemacher Daniel Harrich, der die Hintergründe des Verbrechens auslotete und dadurch die Wiederaufnahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft bewirkte, hat weitere Details ausgegraben. Zu sehen am Dienstagabend um 22.45 Uhr im BR.

Im Mittelpunkt der Dokumentation steht der schwer nachvollziehbare Umgang der Ermittlungsbehörden mit Leichenteilen, die im Umfeld des Tatorts gefunden worden waren. Daniel Harrich, der eng mit dem wohl intimsten Kenner der Hintergründe zusammenarbeitet – Buchautor Ulrich Chaussy – misst diversen, damit zusammenhängenden Auffälligkeiten in den Akten eine erhebliche Bedeutung zu: „Die These von der Einzeltäterschaft ist längst nicht mehr zu halten.“ Eine wesentliche Rolle bei dieser Einschätzung spielt die abgerissene Hand, die in der Nähe des Papierkorbs, in dem die Bombe explodierte, gefunden wurde. Sie konnte niemandem unter den Opfern zugeordnet werden. Ein dazu passender Fingerabdruck wurde allerdings in der Wohnung des Bombenlegers gefunden. „Das ist eigentlich Beweis dafür, dass mehr als eine Person beteiligt war“, davon ist Harrich überzeugt.

 

Ein verschmauchter Finger, der nicht zur gefundenen Hand passt

 

Für noch mehr Verwirrung sorgte bei ihm allerdings ein Blick in die Akten. „So, wie es aussieht“, erklärt der Autor des Beitrags, „wurde auch noch ein einzelner, schwer verschmauchter Finger gefunden, der nicht zu der Hand mit den vier Fingern oder zu anderen Opfern passt.“

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War noch ein weiterer Täter im Spiel? In dem BR-Beitrag kommen nach Angaben Harrichs auch jene zwei Polizeibeamte zu Wort, die die zerrissene Hand fanden und an einer zentralen Stelle ablieferten. Harrich: „Mit dem, was in den Akten steht, ist das nicht in Einklang zu bringen.“

Mit dem Oktoberfest-Attentat (13 Tote, 211 Verletzte) im September 1980 muss sich jetzt auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Fraktionssprecher der Grünen und Linken im Bundestag kündigten eine entsprechende Klage an. Dadurch soll geklärt werden, ob V-Leute der Geheimdienste Informationen über den schlimmsten Terroranschlag der deutschen Nachkriegsgeschichte besaßen.

Im Lauf der Jahre tauchten immer mehr Hinweise auf, dass der von den Behörden als Alleintäter angesehene Geologiestudent Gundolf Köhler, der bei der Explosion der Bombe selbst getötet wurde, Helfer und Drahtzieher gehabt haben könnte. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe nahm die Ermittlungen daher im Dezember 2014 offiziell wieder auf.

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Spekulationen und Indizien, dass Köhler in ein enges Netzwerk aus Neonazis eingebunden war, tauchten bereits kurz nach dem Anschlag auf.

Sprecher der Bundesanwaltschaft erklärten wiederholt, dass diesen Spuren bei den früheren Ermittlungen nachgegangen worden sei, sich aber keine belastbaren konkreten Hinweise auf Mittäter ergeben hätten.

Grüne und Linke werfen der Bundesregierung vor, dass Auskünfte über die mögliche Involvierung von Geheimdiensten und deren V-Leute mit nicht hinnehmbaren Begründungen verweigert würden.

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