Bodenhaltung: So sehen die Hühner danach aus!

Was artgerecht klingt, ist in Wirklichkeit oft das Gegenteil: Bis zu 18 Hennen leben auf einem Quadratmeter. Außerdem erklärt die AZ den Stempel auf den Eiern.
von  Jasmin Menrad
So schaut kein glückliches Huhn aus: Die so genannte „Bodenhaltung“ ist nicht artgerecht, die Tiere entwickeln hier oft Verhaltensstörungen und picken sich gegenseitig die Federn aus.
So schaut kein glückliches Huhn aus: Die so genannte „Bodenhaltung“ ist nicht artgerecht, die Tiere entwickeln hier oft Verhaltensstörungen und picken sich gegenseitig die Federn aus. © Tierheim

Was artgerecht klingt, ist in Wirklichkeit oft das Gegenteil: Bis zu 18 Hennen leben auf einem Quadratmeter. Außerdem erklärt die AZ den Stempel auf den Eiern.

MÜNCHEN - Ihre Hinterteile sind nackt, rot und geschwollen, das Federkleid ist stumpf und ausgedünnt. Diese Hühner haben noch nie Futter vom Boden gepickt, gescharrt oder ein Sandbad genommen.

Die 150 Hennen stammen aus einem Betrieb aus dem Münchner Umland. Tierschützer haben eine Vereinbarung mit dem Betreiber: Sie dürfen jedes Jahr rund 400 Hühner mitnehmen, die sonst vergast würden. 150 von ihnen haben sie ins Tierheim gebracht, die anderen sind direkt in ein neues Zuhause gekommen.

Da es „Hybridhühner“ sind, die speziell zum Eier legen gezüchtet werden, kann man sie nach ihrer Laufbahn nicht essen, sondern nur noch zu Tierfutter verarbeiten. Männliche Küken werden sofort getötet.
In dem Betrieb sollen laut dem Tierheim 1000 Hühner leben – in Bodenhaltung. Das klingt für viele Verbraucher artgerecht, bedeutet aber, dass bis zu 18 Hennen auf nur einem einzigen Quadratmeter gehalten werden.

Künstliches Licht soll die Tiere zum Legen animieren. Das Futter kommt von einer Maschine und landet in langen Schienen. Den Hühnern ist langweilig, denn Futter picken ist ihre Hauptbeschäftigung. Zudem können sich die Tiere, die in Kleingruppen gehalten werden sollten, nur 30 Artgenossen merken. Bei 1000 Hühner gibt es Streit um die Rangordnung, sie hacken und verletzten sich gegenseitig, es kann auch zu Kannibalismus kommen.

Bis zu sieben Jahre alt können die verrupften Hennen aus dem Tierheim werden. Fünf hat der Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Kurt Perlinger, bei sich aufgenommen. „In zwei Monaten werden sie ganz normale Hühner sein“, sagt Judith Brettmeister vom Tierheim. „In der Sonne liegen, 250 Eier im Jahr legen und ihr Futter vom Boden picken.“ Im Moment sind die Hühner in einer Genesungsphase, erkunden schüchtern den Stall und das Gehege. Jetzt haben sie zehn Mal mehr Platz als zuvor.

Nur um ein Huhn sorgt sich Brettmeister: Ein Ei ist mit dem Körperausgang und der Eileiter des Tieres verwachsen. „Sein Zustand ist auf der Kippe. Wenn sich das Huhn nicht erholt, möchte es die Tierärztin erlösen.“

50 Hühner suchen noch neue Besitzer, mit Hühnerstall und Auslauf versteht sich. Sie können gegen eine geringe Gebühr im Tierheim abgeholt werden.

 


 

Versteckte Eier

Durchschnittlich isst jeder Deutsche 214 Eier im Jahr, etwa die Hälfte davon als frische Eier. Doch über 100 Exemplare verstecken sich in Nudeln, Keksen oder Fertigprodukten. Manche Firmen kaufen dafür günstige Eier aus „Kleingruppenhaltung“ oder importieren Käfigeier.

Wo sich welche Eier – laut dem Bündnis „Käfigfrei“ – verstecken, lesen Sie hier:

BODENHALTUNG: Brandt Zwieback, Dr. Oetker, Griesson – de Beukelaer, Joey’s Pizza, Vapiano, Thomy, Knorr, Maggi.

FREILANDHALTUNG: Pasta-Premium, Unser Land, Ben & Jerry’s, Ritter Sport, Ikea, Käfer, McDonald’s, Vinzenzmurr, Frosta.

KÄFIG-/KLEINGRUPPENHALTUNG: Settele, Kühne, die eigenen Produkte von Real, Olileva, Yorma’s, Tuifly. Die vollständige Liste aller Unternehmen gibt es auf www.kaefigfrei.de

 

 


 

Der Stempel gibt Auskunft über die Haltung

 

Für die Kennzeichnung von Hühnereiern gibt es strenge Regeln. Wichtig für Verbraucher ist die erste Ziffer des Stempels auf dem Ei. Sie gibt die Haltungsform an. Tierschützer raten, nur Null- und Eins-Eier zu kaufen und sich nicht durch vermeintliche Biosiegel wie „Tierschutzgeprüft“ täuschen zu lassen. Auch „Güteklasse A“ stellt kein besonderes Qualitätsmerkmal dar, sondern ist die Mindestanforderung, die frische Eier erfüllen müssen.

3 = Käfighaltung: Sie ist bei uns bereits verboten, in der EU ab diesem Jahr. Mit der Kleingruppenhaltung geht man minimal darüber hinaus und entzieht sich so einem Verbot. Jede Henne hat hier 800 cm² Platz, das ist ein wenig größer als ein DinA4-Papier. Die Haltung ohne Tageslicht auf engstem Raum bezeichnen Tierschützer als nicht artgerecht. In München verkaufen nur noch Feneberg und V-Markt diese Eier.

2 = Bodenhaltung: Bis zu 18 Hennen pro Quadratmeter leben in riesigen Hallen. Zwar haben sie Sitzstangen und Legenester, doch die Hühner entwickeln Verhaltensstörungen wie Picken und Kannibalismus. 1 = Freilandhaltung: Ein Tier hat am Tag einen Auslauf von mindestens 4 m². Die Bedingungen im Stall entsprechen denen der Bodenhaltung.

0 = Bio: Die Haltungsbedingen sind wie bei der Freilandhaltung. Der Unterschied: Das Futter ist frei von Pestiziden, Dünger und Gentechnik.

 

 

 

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