BMWs schöne neue Arbeitswelt: 600 Leute in einem Büro

Am Hart baut BMW am Forschungszentrum. Ab 2050 sollen hier 31.000 Menschen arbeiten. Die AZ hat sich auf der Baustelle umgesehen.
von  Paul Nöllke
Das FIZ am Hart wird erweitert. Das Future Mobility Lab wird gerade gebaut, danach sollen im Norden noch mehr Gebäude entstehen.
Das FIZ am Hart wird erweitert. Das Future Mobility Lab wird gerade gebaut, danach sollen im Norden noch mehr Gebäude entstehen. © AZ/Datawrapper, OpenStreetMap Contributors, Wikimedia

München - Die Zukunft von BMW wird hinter den verwaschenen roten Toren eines alten Feuerwehrhauses geplant. Hier, am Rande einer riesigen Baustelle, umringt von hohen Kränen, befindet sich das Büro von Klaus Kapp und Martin Hahm. Die beiden Männer, die an der Erweiterung des neuen Forschungs- und Innovationszentrums (FIZ) der BMW-Group arbeiten.

Future Mobility Lab für 400 Millionen Euro

"Wir haben unser Projekt von hier aus gut im Blick", erzählt Kapp. Er ist der Verantwortliche für die Baustelle nebenan. Dort entsteht für 400 Millionen Euro das neue "Future Mobility Lab". In dem Gebäude sollen die BMWs der Zukunft entstehen. "Die Entwicklung von Autos wird immer komplexer", sagt Kapp. "Alles muss heute schneller gehen." Das neue Gebäude ist darauf ausgerichtet.

Die Büroflächen sollen im gleichen Gebäude wie die Werkstätten sein – für einen besseren Austausch von Planern und Autobauern.

Das FIZ am Hart wird erweitert. Das Future Mobility Lab wird gerade gebaut, danach sollen im Norden noch mehr Gebäude entstehen.
Das FIZ am Hart wird erweitert. Das Future Mobility Lab wird gerade gebaut, danach sollen im Norden noch mehr Gebäude entstehen. © AZ/Datawrapper, OpenStreetMap Contributors, Wikimedia

Doch es gibt noch mehr Neuerungen: In dem Gebäude gibt es keine eigenen Büros mehr. 600 Leute arbeiten in einem Raum.

"Natürlich hat das Diskussionen ausgelöst", erzählt Martin Hahm. Er ist für das Gesamtkonzept des FIZ zuständig. Mitarbeiter haben in dem neuen Büro nicht einmal mehr eigene Schreibtische. "Leute fragen, wo soll ich meine Bilderrahmen aufstellen?", sagt Hahm. Inzwischen hätten sich aber die meisten Mitarbeiter mit den Großraumbüros eingerichtet.

Großraumbüros sorgen für Diskussionen

Während außen am Gebäude ein Kran weiße Fensterumrandungen an ihren Platz hebt, verlegen drinnen die Bauarbeiter Rohre. Es ist kalt in den grauen Betonräumen. Wenn das Gebäude einmal fertig ist, werden an der Decke Kupferleitungen voll heißem Wasser das Haus wärmen.

Draußen wird das Gebäude noch weiß verkleidet ...
Draußen wird das Gebäude noch weiß verkleidet ...

In der Mitte des Gebäudes entsteht über mehrere Stockwerke ein großer Innenhof. Über eine Glaskuppel fällt Tageslicht in den Raum, eine Betontreppe windet sich von Stockwerk zu Stockwerk. Auf den vier Etagen rund um diese Lobby sollen die Mitarbeiter arbeiten. "Damit es nicht zu laut wird, haben wir alles genau berechnet", erklärt Hahm. An der Decke sollen weiße Metallplatten Lärm schlucken, auch die Böden und der spezielle Putz können die Lautstärke reduzieren.

Bei der Planung des neuen Büros haben die BMW-Ingenieure auf die gleiche Technik zurückgegriffen, die sie auch bei der Planung von neuen BMWs nutzen. Die Dachterrasse testeten sie sogar im Windkanal.

Im Gebäude werden noch Leitungen verlegt.
Im Gebäude werden noch Leitungen verlegt.

Das Gebäude ist allerdings nur der erste Schritt des großen Ausbaus im FIZ. Vor den großen Fenstern des Rohbaus erschließt sich eine große Fläche. "Hier wird mal das FIZ-Nord-Nord entstehen", erklärt Hahm. Die Gebäude sollen mit dem Neubau durch eine Brücke verbunden werden, dazwischen ein öffentlicher Park entstehen.

Zu den 26.000 Mitarbeitern, die zur Zeit im FIZ arbeiten, sollen dann 15.000 weitere kommen, das komplette Projekt soll 2050 abgeschlossen sein. Damit die neuen Leute sich auch gut im Viertel eingliedern, plant BMW schon jetzt die Infrastruktur.

Bauarbeiter tragen Betoneimer an ihm vorbei in das Gebäude. Bald sollen hier Ingenieure am Antrieb der Zukunft arbeiten. Kapp und Hahm werden sich dann neuen Projekten zuwenden: Im Westen soll ein neuer Windkanal gebaut werden, im Norden wird auch bald gebaut. "Bei uns", sagt Kapp, "ist gerade wahnsinnig viel in Bewegung."

Infrastruktur: Das wünscht sich BMW

Bevor BMW die Erweiterung des FIZ begann, sahen sich die Entwickler das Stadtviertel auf einer großen Karte an. "Wir haben uns gefragt: Wo sind Kindergärten, wo sind Grünflächen, wie kommen die Leute in die Arbeit?", erklärt Klaus Kapp vom BMW-Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ). Dabei entstanden mehrere Ideen, die sich auch auf die direkte Umgebung des FIZ auswirken werden. Zum Beispiel bekommt das Zentrum einen eigenen S-Bahnanschluss. Damit das S-Bahn-Projekt für 25 Millionen Euro schneller fertig wird, bezuschusst es BMW mit einem einstelligen Millionenbetrag. 2026 könnte die Anbindung fertig sein.

Für Mitarbeiter, die mit dem Radl kommen, soll es auf dem Gelände 300 Radlumkleiden geben. Im Winter kommen schon jetzt ungefähr elf Prozent der Mitarbeiter mit dem Rad, im Sommer sind es 17. Etwa 40 Prozent der Mitarbeiter kommen mit dem Auto. BMW würde sich auch einen Tunnel vom Werk zur A99 wünschen. So könnte die Anzahl der Lastwagen, die durch Milbertshofen fahren, stark verringert werden. Die Stadt prüft zur Zeit, ob das Projekt möglich ist.

BMW und Ökostrom

BMW will seine weltweit 23 Autofabriken komplett auf grünen Strom umstellen. Produktionsvorstand Milan Nedeljkovic sagte der Zeitschrift "Automobil-Produktion": "Noch in diesem Jahr werden wir in unseren Werken weltweit ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen beziehen, also zu 100 Prozent."

Die BMW-Werke verbrauchen jährlich rund 5,2 Millionen Megawattstunden Strom. Schon heute kämen 80 Prozent des Stroms in den BMW-Werken aus erneuerbarer Energie.

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