Bluttat: Angeklagter erinnert sich nicht
MÜNCHEN - Gefährliche Körperverletzung wird Andreas F. (43) vorgeworfen. Mit einem Hirschfänger soll er auf seine Freundin (55) losgegangen sein. Doch der Angeklagte weiß nur noch, "dass sie auf einmal blutend auf dem Sofa gesessen ist".
31. August 2009: Laut Anklage soll Andreas F. am Abend gegen 22 Uhr in die Wohnung seiner Freundin Angelika D. (55) in Sendling gekommen sein, aggressiv nach Essen gefragt und über den verwahrlosten Zustand der Wohnung gestänkert haben. Auch die beste Freundin seiner Partnerin, Silvia W. (48) war anwesend. Unvermittelt soll er mit einen "Eispickel" auf Angelika D. losgegangen sein, den sie ihm abnahm. Durch einen Schubser fiel die Frau um und in den Hundekorb.
Dann soll sich F. einen Hirschfänger mit zehn Zentimeter Klinge gegriffen und seine Freundin hinter beiden Ohren Schnittverletzungen zugefügt haben. Silvia W., die dazwischen ging, erlitt harmlose Verletzungen am Hals. Sie flüchtete in die Nachbarwohnung und verständigte die Polizei. So steht es in der Anklage.
Bis zur Tat erinnert sich Andreas F. ganz anders an den Tag. "Es war schönes Wetter", weiß er noch. Nach dem Gassigehen mit dem Hund seiner Freundin, traf sich das Paar mit Silvia W. in einem Lokal. "So zwischen 13 und 14 Uhr", sagte er vor Gericht. Dann wurde getrunken. "In etwa sechs Bier" hätte er gehabt. "Helles oder Weißbier?" will der Richter wissen. "Weißbier. Meine Freundin hatte Mineralwasser und Wein." Was Silvia W. getrunken hat, kann er nicht genau sagen. "Aber sie war total betrunken."
Dem Angeklagten kommen die Tränen
Deswegen sei man zusammen zur Wohnung von Angelika D. gegangen. F. habe etwas kochen wollen und gefragt, wer noch was essen will. "Ich erinnere mich nicht mehr, warum es zum Streit kam", sagte der Arbeitslose. "Ich weiß nur, dass meine Frau plötzlich auf der Couch gesessen und geblutet hat, als die Polizei kam." Bei seiner Festnahme hatte er 2,33 Promille Alkohol im Blut.
Das mit der "Frau" möchte der Vorsitzende Richter ganz genau wissen. "Wir sind verlobt", gibt der geschiedene Andreas F. an. "Wir sind seit zehn Jahren und acht Monaten ein Paar." Vor acht Jahren habe er sie gefragt: "Spatzl, magst mit mir zsammbleiben?" Und sie hat Ja gesagt.
Bei der Belehrung des Richters, dass dies laut Gesetz keine Verlobung sei, wischt sich Andreas F. die Tränen aus den Augen. Vor einer Woche hat er einen Schlaganfall erlitten, in Stadelheim, wo er seit der Tat in Untersuchungshaft sitzt. Der Prozess wird fortgesetzt.
Barbara Brießmann