Blutskandal auf der Wiesn: Neue Vorwürfe gegen Rotes Kreuz

MÜNCHEN - Die Vorwürfe wiegen schwer: Ein Arzt soll auf dem Oktoberfest die Blutentnahme bei hunderten alkoholisierten "Patienten" angeordnet haben - für eine wissenschaftliche Studie und offenbar ohne ausreichende Einwilligung. Wie jetzt der "Spiegel" berichtet, soll es weit mehr Fälle geben als bislang bekannt.
Wegen Blutentnahmen an Hunderten volltrunkenen Patienten auf dem Oktoberfest gerät das Bayerische Rote Kreuz (BRK) immer stärker unter Druck. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete am Samstag vorab von Vorwürfen von Bereitschaftsärzten gegen das BRK. Es habe nicht nur im Jahr 2004, sondern auch von 2005 bis 2008 Bluttests unter Leitung eines Leipziger Arztes gegeben.
Ende August musste der BRK-Kreisverband München einräumen, dass der betreffende Arzt 2004 in der Notfallambulanz der Wiesn 405 Bluttests vornehmen ließ, die in eine medizinische Studie über Trinkgewohnheiten und Drogenkonsum eingeflossen seien. Weil es Zweifel am Einverständnis der stark alkoholisierten Probanden zur Studienteilnahme gab, ermittelt den Angaben zufolge die Münchner Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung gegen den Arzt, aber auch gegen ehrenamtliche Helfer des Rettungsdienstes.
Der „Spiegel“ berichtete weiter, dass bei einer internen Sitzung zur Aufklärung der Vorfälle am vergangenen Dienstag Bereitschaftsärzte der BRK-Führung vorgeworfen hätten, es habe auch in den Jahren von 2005 bis 2008 Tests unter Leitung dieses Arztes gegeben. Dies habe das BRK der Öffentlichkeit verschwiegen. Die Ärzte behaupteten demnach, auf Anweisung des Leipziger Mediziners sei bis zu 300 Patienten pro Jahr Blut für sogenannte Blutgasanalysen abgenommen worden. Die Proben seien in einer Versuchsreihe ausgewertet worden.
Das BRK räumte laut „Spiegel“ ein, dass es Beschwerden über weitere Blutentnahmen für angebliche Studien gegeben habe. Diese seien zu diagnostischen Zwecken eingesetzt worden. Auch der Leipziger Arzt habe über seinen Anwalt mitteilen lassen, es seien 2005 bis 2008 zwar Blutgasanalysen genommen worden, die Werte hätten jedoch keiner Studie gedient. (ddp)