"Blut ist selten so knapp wie jetzt"

Im Advent werden die Blutkonserven knapp: Spenden werden dringend gebraucht - als kleines Dankeschön gibt's eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Euro.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Blutspenden tut gar nicht weh: Christian Marx beim Aderlass.
Gregor Feindt Blutspenden tut gar nicht weh: Christian Marx beim Aderlass.

MÜNCHEN - Im Advent werden die Blutkonserven knapp: Spenden werden dringend gebraucht - als kleines Dankeschön gibt's eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Euro.

Carmen Post liegt lächelnd auf der roten Liege. Im Arm der 28-Jährigen steckt eine Nadel, durch die in den nächsten zehn Minuten ein halber Liter Blut in einen Beutel laufen wird. „Anfangs kam ich immer hierher, wenn ich mit dem Auto geblitzt worden bin“, sagt sie. „Ich wollte mir ins Gedächtnis rufen, dass durch das zu schnelle Fahren jemand hätte verletzt werden können.“ Sie ist OP-Schwester und kennt sich mit schlimmen Verletzungen aus. Die Blutspende war ihre Form der Entschuldigung.

30 000 Blutkonserven pro Monat

Gerade vor Weihnachten ist der Bedarf groß, sagt Betriebsleiter Andreas Faber vom Blutspendezentrum in der Dachauer Straße 90. „Die Kliniken benötigen besonders viele Konserven, weil dort jetzt viel operiert wird.“ 30 000 Blutkonserven werden in München pro Monat gebraucht. Kommen an der Dachauer Straße etwa im April knapp 7000 Spenden zusammen, sind es im Dezember allenfalls 6000. Peter Hien vom Blutspendedienst sagt: „Das Blut ist selten so knapp wie jetzt.“ Bei Engpässen werden Konserven aus anderen Städten angefordert. Vermutlich fehlen im Advent Spenden, weil sich keiner die Zeit für den Aderlass nehmen will.

"Das ist sehr entspannend"

Dabei schätzen manche Blutspender die Auszeit, die sie sich auf der roten Liege nehmen können. „Das ist sehr entspannend“, sagt Post, die mit ihrer Freundin Anna Ammann hergekommen ist. „Wir sind hier, um zu ratschen“, sagt sie. Seit ihrer Ausbildung an der Krankenpflegeschule sehen sie sich nur noch selten. Deshalb verabreden sie sich zum Blutspenden.

In den vergangenen Wochen gab es zusätzliche Blutspende-Termine in den städtischen Kliniken. Betriebsleiter Faber ist immer auf der Suche nach Wegen, neue Spender zu gewinnen. In den Kliniken in Harlaching, Schwabing, Bogenhausen, Thalkirchen und Neuperlach wurden über 400 Mitarbeiter zur Ader gelassen.

Ab und zu kippt jemand um

Vor der Spende müsse niemand Angst haben, sagt Krankenschwester Christa Sturm. Gleich nach der Anmeldung wird der Anteil der roten Blutkörperchen im Blut gemessen. Dann füllen die Spendewilligen einen Fragebogen aus. Wer zum Beispiel vor kurzem in einem Malariagebiet war oder krank ist, darf nicht spenden. Wenn ein Arzt festgestellt hat, dass alles in Ordnung ist, geht’s auf die rote Liege zum Spenden. Ein Pieks in den Arm, schon läuft das Blut völlig schmerzfrei in den Spendebeutel. Insgesamt dauert die ganze Aktion eine Dreiviertelstunde. Sauna oder Sport am gleichen Tag sind tabu. Sonst müssen sich die Spender aber nicht einschränken. Wer vor der Spende zu wenig trinkt, dem kann aber der Blutverlust auf den Kreislauf schlagen. „Ab und zu kippt jemand um, aber das haben wir im Griff“, sagt Krankenschwester Sturm, die schon 35 Jahre im Beruf steht.

Geld gibt's erst beim zweiten Mal

Als Anreiz gibt es beim städtischen Blutspendedienst ab der zweiten Spende eine Aufwandsentschädigung von 20 Euro. Das Geld kann aber auch für einen guten Zweck gespendet werden, zum Beispiel die Flüchtlingshilfe. Beim ersten Mal können sich die Spender entweder ein Buch aussuchen oder ein Päckchen mit fair gehandelten Waren nehmen - Schokolade, Kaffee und Honig sind darin.

Mit der Aufwandsentschädigung als Anreiz zu werben, ist gesetzlich verboten. „Das Geld spielt bei uns aber definitiv auch eine Rolle“, sagt Faber. Bei einer Kürzung würden manche Spender vielleicht wegbleiben, fürchtet er. Die jüngere Generation schaue eher aufs Geld. Und gerade jüngere Leute sind als Spender interessant, zum Beispiel Studenten: Die haben wenig Geld, aber relativ viel Zeit und können auch tagsüber zum Spenden kommen.

Das Zapfen an sich dauert für Carmen Post nur zehn Minuten. Danach ruht sie sich im Wartebereich aus. Hier stehen Fruchtsäfte, Wasser und Cola bereit, dazu gibt’s Kekse. Der Körper braucht nach dem Blutverlust Flüssigkeit und Zucker. Die Zeit der Ruhe ist aber nach zehn Minuten für Post und ihre Freundin Anna Ammann vorbei - sie gehen zurück in den hektischen Advent. Und jede haut für sich die 20 Euro auf den Kopf.

Philipp Heinz

Wer vor Weihnachten spenden will in der Dachauer Str. 90, 1. OG: Fr./Mo. 8-15 Uhr, Di. 12-19 Uhr. Weitere Infos unter www.blutspendedienst.net

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.