Bitte nochmal nachdenken: Warum die Bauern mit ihren Protesten falsch liegen

München - Die Bauern und Bäuerinnen sind sauer. Das kann man verstehen. Ihre Blockaden machen Eindruck. Wobei, wo liegt eigentlich juristisch der Unterschied zwischen Klimaklebern, die eine Straße blockieren und Traktoren, die Autobahnzufahrten blockieren? Die München-Blockade erfolgte laut Bauernverband mit Zustimmung des Bayerischen Ministerpräsidenten und seines Innenministers, beide CSU. Dort nennen manche Klimaaktivisten gerne "Klimaterroristen". Der feine Unterschied, wenn zwei das Gleiche tun, ist es nicht immer das Gleiche.
Bauernproteste um München: Die Verantwortung trägt bei weitem nicht nur die Ampel
Sollten die Landwirte ihre Wut demnächst etwas runterdimmen, hätten sie Gelegenheit, darüber nachzudenken, wer die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte gestaltet und zu verantworten hat. Der Grüne Cem Özdemir ist erst seit zwei Jahren Bundeslandwirtschaftsminister. Davor waren es viele Jahre lang Politiker von CDU und CSU. Die wiederum haben immer darauf gehört, was der Bauernverband sagt. Die Verantwortung für viele Dinge, die im Agrarsektor im Argen liegen, trägt also bei weitem nicht nur alleine die Ampel.
Und wer auf die schrillen Töne von Joachim Rukwied, dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes achtet, könnte auf den Gedanken kommen, dass die Lautstärke vielleicht auch von der Mit-Verantwortung des Deutschen Bauernverbandes, einer der mächtigsten Lobbygruppen des Landes, ablenken soll. Steuermillionen an Agrarfabriken und Agrarkonzerne, während kleine Familienbetriebe ums Überleben kämpfen. Das hat auch der Bauernverband mitzuverantworten. Beispiel Milchpreis: Die Landwirte klagen seit Jahren, dass sie für ihre Milch keine vernünftigen Preise bekommen. Wie auch, wenn die Molkereigenossenschaften mit im Bauernverband sitzen. Die haben kein Interesse an hohen Milchpreisen, die wollen Milch möglichst billig einkaufen, damit ihre Gewinnspanne passt. So funktioniert Lobbyarbeit.
Vielleicht sollten die Landwirte mal darüber nachdenken, was sich bei ihrer eigenen Lobby schleunigst ändern sollte. Der Parole "Die Ampel muss weg" ist simpel, aber eben nicht die Lösung der Probleme vieler kleiner Landwirtschaften.