Bischof Müller: Ratzingers rechte Hand
REGENSBURG/ROM Noch ein Bayer im Vatikan? Die Spekulationen über einen Aufstieg von Bischof Gerhard Ludwig Müller innerhalb der Kirchenhierarchie halten sich seit Jahren. Wann immer in Deutschland ein bedeutender Bischofsstuhl frei wurde oder im Vatikan ein hochrangiger Posten zu vergeben war – stets wurde Müller von Insidern als Anwärter gehandelt. Wird er jetzt Präfekt der Glaubenskongregation? Dem Vernehmen nach fällt die Entscheidung möglicherweise schon heute. Damit wäre Müller der Nachnachfolger von Joseph Ratzinger, der bis zu seiner Papstwahl dieses Amt innehatte.
Müller steht seit fast zehn Jahren an der Spitze der Diözese Regensburg. Auch wenn es in den vergangenen Jahren ruhiger wurde in seinem Bistum – Müller und seine Diözese haben turbulente Jahre hinter sich. Immer wieder sah sich der Oberhirte heftiger Kritik ausgesetzt, unter anderem wegen seiner Abschaffung der Laiengremien und für sein unglückliches Krisenmanagement im Missbrauchsfall durch den Ex-Pfarrer von Riekofen.
Dass die Kirchenkarriere des streitbaren Bischofs nicht in Regensburg enden würde, galt für viele Beobachter als ausgemachte Sache. Zwischenzeitlich wurde Müller als möglicher Kandidat für die Bischofsstühle in München und Berlin gehandelt, auch für die Nachfolge des Kölner Kardinals Joachim Meisner wurden ihm Chancen eingeräumt. Als wahrscheinlicher galt aber stets ein Wechsel in den Vatikan.
Der 64-Jährige ist ein weltweit anerkannter Theologe und hat in Rom bereits eine Reihe Funktionen inne: Ende 2007 berief ihn Benedikt XVI. in die Glaubenskongregation, Anfang 2009 wurde er zudem Mitglied im Päpstlichen Rat für die Kultur. Erst kürzlich kamen weitere Ämter hinzu: Müller wurde zum Mitglied des päpstlichen Einheitsrates sowie der vatikanischen Bildungskongregation ernannt.
Wie sehr der Papst den Regensburger Bischof schätzt, zeigt auch, dass er Müller mit der Herausgabe seiner Gesammelten Schriften beauftragt hat. Müller, der wie Benedikt XVI. vor seiner Bischofsweihe Professor für Dogmatik war, richtete dazu im Jahr 2008 eigens das Institut Papst Benedikt XVI. ein.
Müller polarisiert wie kaum ein anderer Diözesanbischof in Deutschland – und ist ein Mann mit zwei Gesichtern: Als Regensburger Oberhirte ist Müller leutselig, trinkt mit einfachen Leuten im Dorfgasthaus auch schon mal ein Bier. Gegen kritische kirchliche Mitarbeiter und Priester geht er jedoch mit scharfen Sanktionen vor, leitete etwa Disziplinarmaßnahmen gegen mehrere Pfarrer ein.
Theologisch gilt er hierzulande als konservativ, wegen seines Einsatzes für eine „richtig verstandene“ Befreiungstheologie halten ihn in Italien aber viele für progressiv oder gar linksgerichtet. Gerade aus diesem Grund soll es im Vatikan Widerstand gegen eine Berufung Müllers zum Präfekten der Glaubenskongregation gegeben haben.
Auch Müllers scharfe Kritik an der traditionalistischen Piusbruderschaft soll nicht jedem in Rom gefallen haben. Und letztlich galt auch die Herkunft des Bischofs als hinderlich: Dass neben dem Papst ein weiterer Deutscher eine Schlüsselposition in der Kurie besetzen könnte, soll so manch einflussreichem Kirchenmann missfallen haben.
Über all diese Widerstände soll sich Benedikt XVI. nun hinweggesetzt haben. Gerhard Müller hätte damit künftig nicht nur eines der wichtigsten Ämter der Weltkirche inne, sondern könnte bald schon auch mit der Kardinalswürde rechnen. Klarheit über die Zukunft des Regensburger Bischofs könnte schon heute ein Bulletin des Vatikans bringen.
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