Bischof Marx: Jetzt ist er ein Münchner

Er hat den Bischofsstab in die Hand bekommen und auf der Kathedra im Liebfrauendom Platz genommen: Reinhard Marx ist Erzbischof von München und Freising. »Pack mas!«, sagte er. Wie Marx die Herzen im Sturm eroberte.
MÜNCHEN Es gibt Gläubige, die würden das als Zeichen nehmen. Aber wahrscheinlich war’s einfach Zufall, dass sich die Sonne just in dem Moment durch die Wolken kämpfte, als die Blaskapelle vorm Liebfrauendom die Bayern-Hymne intonierte. Lautstark und ohne Spickzettel sang Reinhard Marx die erste Strophe unter weiß-blauem Himmel mit. Ganz so, als ob der neue Erzbischof nie etwas anderes gemacht hat. Ganz so, als ob er schon seit Ewigkeiten Münchner ist.
Reinhard Marx ist angekommen. Mit einem Festgottesdienst im Liebfrauendom wurde der gebürtige Westfale am Samstag feierlich in sein neues Amt eingeführt. „Ich möchte wirklich ein Münchner werden“, rief er den Gläubigen zu – und beendete seine kurze Ansprache beim Empfang im Herkulessaal auf gut bairisch mit einem kernigen „Pack mas!“
3.500 Gläubige im Dom
Zuvor hatte Marx in der Frauenkirche von der Diözese Besitz ergriffen: „So, jetzt komm!“ flüsterte sein Vorgänger, Kardinal Friedrich Wetter, dem Bischof ins Ohr, bevor er ihn zum Bischofsstuhl führte. Marx hielt vor der Kathedra kurz inne und nahm schließlich unter großem Beifall der rund 3500 Gläubigen im Dom Platz. Es war der Moment, als Marx endgültig zum Münchner wurde.
In seiner ersten Predigt kündigte der 54-Jährige an, sich „politisch und gesellschaftlich einmischen und zu Wort melden“ zu wollen. Die Kirche sei ein Instrument, um den Menschen auf der Suche nach Gott zu helfen. Ihre Botschaft laute: „Der Mensch hat eine Würde, die nicht von Menschen abhängt, die vielmehr von Gott selbst gegeben ist.“
Ein dreifaches „Horrido“
Die Worte, die er im Anschluss an Abordnungen der Gebirgsschützen und die zahlreichen Schützenvereine aus seiner Heimat wandte, waren weniger feierlich, aber nicht minder freundlich: Die Geseker Schützen, die mit 220 Mann nach München gekommen waren, forderte er auf, auf sein Wohl zu trinken – und versprach „sie später im Wirtshaus besuchen zu kommen.“ Und den Paderborner Bürgerschützenverein rief er lauthals ein dreifaches „Horrido“ zu. Ein Hauch von Karneval mitten auf dem Frauenplatz war das.
Auch der anschließende Gang zur Residenz glich einem Rosenmontagszug. Unter dem Beifall mehrerer tausend Münchner am Promenadenplatz und an der Brienner Straße zog Marx durch die Innenstadt zum Herkulessaal – und eroberte dabei die Herzen der Münchner im Sturm. Marx ließ Fotos von sich schießen, segnete Kinder, ratschte mit Passanten. Ein Bischof zum Anfassen eben. Und das wird Marx auch bleiben.
Den Gläubigen im Dom versprach er jedenfalls, dass die Kirche unter ihm nicht für sich selbst da sein werde. Ein erstes Zeichen dafür hat er am Samstag bereits gesetzt: Die Kollekte des Festgottesdienstes soll an straffällig gewordene Jugendliche gehen.
Daniel Aschoff