Bischöfin: „Kirche passt sehr gut nach Schwabing“

"Gottesdienste ohne Bezug zur Wirklichkeit sind für die katz". Die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler über die Sorgen und Nöte in einem sehr speziellen Viertel.
von  mak/zo
Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler
Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler © Martha Schlüter

 

Die 58-jährige gelernte Journalistin und Theologin Susanne Breit-Keßler ist seit 2003 Regionalbischöfin von München und Oberbayern

AZ: Frau Breit-Keßler, Schwabing gilt als Künstler- und Vergnügungsviertel. Passt Kirche hier rein?

 

SUSANNE BREIT-KESSLER: Kirche passt hervorragend rein. Gerade die Erlöserkirche, wo ich viel gepredigt habe, mit ihrer Kirchenmusik und ihrer Kunst und ihren offenen Gesprächsabenden. Kirche muss ja im Gespräch bleiben.

Sie kennen Gemeinden in der ganzen Stadt. Unterscheiden sich die Probleme von Viertel zu Viertel?

Ja und nein. Zum Beispiel Partnerschaftskonflikte oder Krankheitserfahrungen sind identisch bei jedem Menschen. Aber sonst merkt man schon Unterschiede. Im Hasenbergl kommen finanzielle Nöte dazu.

Merkt man die Krise?

Ja, schon. Es kommen gerade im Norden, zum Beispiel in der Versöhnungskirche, mehr Menschen in die Kirchenküchen. Wir merken das auch in den Schulen, wie viele Kinder ohne Frühstück kommen. Das kriegen wir hautnah mit, weil sich ein Mensch vor einem Pfarrer nicht so geniert. Wir haben ein Herz für die Schwachen, bei uns gelten Kriterien wie Schönheit, Erfolg, Karriere, Vitalität nicht.

Hat die evangelische Kirche von der Krise der katholischen profitiert?

Ich hoffe nicht, dass wir von den Problemen unserer Schwesterkirche profitieren, das fände ich sehr schade. Aber wir haben schon einige Übertritte gehabt. Ich rate persönlich Menschen da aber immer zur Vorsicht: Man ist ja in seinem Glauben groß geworden, den sollte man nicht vorschnell verlassen. Sondern ich finde es gut, wenn man die eigene Kirche kritisch begleitet. Aber wer das ernst meint mit dem Übertritt, ist bei uns herzlich willkommen.

Mit der Zeitung ist es ja so: Es gibt Stammleser, und welche, die nur ab und zu reinschauen. Gilt das auch für Gottesdienst?

Ja. Es gibt immer wieder Leute, die kurz reinschauen. Im besten Fall setzen sie sich hin. Das ist mein Ziel: Gottesdienste so zu gestalten, dass jemand der fremd ist, sich dort auch wohl fühlt.

Bauen Sie aktuelle Politik in ihre Predigten ein?

Predigten ohne Bezug zur Wirklichkeit sind für die Katz. Glaube muss alltagstauglich sein.

 

 

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