Bilder aus München: ÖPNV-Streik sorgt für menschenleere Bahnhöfe
München - Bei einigen liegen die Nerven dann offenbar doch ziemlich blank. Als ein Auto im Stau die Kreuzung am Mariahilfplatz blockiert, schlägt ein Radler mit der flachen Hand zu – aufs Autodach wohlgemerkt.
Der Stress ist groß. Auf den Brücken Richtung City kriechen Dienstagfrüh die Blechkolonnen im Schneckentempo. Es scheinen mehr Wagen (und Radler) als an einem normalen Dienstag unterwegs zu sein. Kein Wunder, der Verdi-Warnstreik hat den U-Bahn-Verkehr unmöglich gemacht, Bus und Tram fahren nur stark eingeschränkt.
Verwirrung an den Haltestellen der Linie 18
Ein kleiner Fehler bei der Streikbewältigung der MVG vergrößert die Verwirrung. An den Haltestellen der Linie 18 steht zwar, dass vier Linien im 20-Minuten-Takt fahren, aber kein Wort darüber, dass alle anderen Linien ausfallen. Auf dem Ticker fehlt schlicht der Platz, um das klarzustellen.
Wer sich also nicht anderweitig informiert, steht an den Haltestellen der Linie 18 ziemlich dumm rum. An der Fraunhoferstraße schimpft denn auch eine ältere Frau, dass das "nicht mehr ihr Deutschland" sei.
Ist streiken in Coronazeiten unsolidarisch? Gewerkschaftssekretär Franz Schütz (48) hält dagegen. Man habe wegen Corona abgewartet. Aber nun müsse im Kampf um einen bundesweiten Tarifvertrag ein Signal erfolgen.
"Wir haben große Verantwortung als Busfahrer"
So sehen das auch die Streikenden. Trambahnfahrer Reiner Baumgartner (33): "Die Ungleichbehandlung muss aufhören. Wann sollten wir sonst streiken, wenn nicht jetzt?"
Busfahrerin Mira Stanic (54): "Alles ist teurer geworden in München. Wir haben große Verantwortung als Busfahrer. Die Leute müssen so viele Überstunden machen, um zu überleben. Ich mache Kurzarbeit und bekomme 1.300 Euro netto. Wie kann man da überleben?"
Für Verdi ist der Streik ein Erfolg. Schütz: "Die Tram ist zu 80 Prozent nicht gefahren." Matthias Korte, Pressesprecher der MVG, erklärt, dass es Tarifverträge gebe und es keinen dritten bundesweiten bräuchte. Er bestätigt, dass nur 20 Prozent der Trambahnen fuhren, bei den Bussen seien dank privater Busunternehmen 50 Prozent doch im Linienverkehr einsetzbar gewesen.
Abstand halten? Unmöglich am Streiktag
An der Fraunhofer üben sich die Möchtegern-Fahrgäste derweil in Geduld. Kaufmann Marcus Lösch (46) erzählt, dass sein Freund zwar lieber mit dem Taxi zur Arbeit gefahren sei, er selber aber Zeit habe: "Ich warte, bis was kommt."
Rahman Mostafifur hat es eiliger. Der Security-Mann (45) muss am Stachus seinen Dienst antreten. Es pressiert. "Wollen wir ein Taxi nehmen?", fragt er die Umstehenden. Doch die harren lieber aus. Bis eine Passantin sie aufklärt: "Hier fährt nix. Geht’s runter zur Müllerstraße. Da kommt die Tram."
Die Frau hat recht. Allerdings dauert es auch an der Müllerstraße eine halbe Stunde, bis eine Tram kommt. Und die fährt nur bis zum Stachus. Dort steht bereits dicht gedrängt eine große Menschenmenge.
Abstand halten? Unmöglich am Streiktag. Nach dem Streikende am Abend werde sich der Verkehr binnen zwei Stunden normalisieren, hofft MVG-Mann Korte.
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