Bewährung für einen Spion

Werner G. aus Schliersee hatte Helikopter- Dokumente an die Russen geliefert - und kam jetzt mit einer milden Strafe davon.
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Werner G. vor Gericht
ap Werner G. vor Gericht

MÜNCHEN - Werner G. aus Schliersee hatte Helikopter- Dokumente an die Russen geliefert - und kam jetzt mit einer milden Strafe davon.

Milde Strafe für den Spion vom Schliersee: Wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“ ist der Ingenieur Werner G. zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor ein Jahr Haft auf Bewährung gefordert, der Verteidiger plädierte auf eine Bewährungsstrafe „deutlich unter einem Jahr“.

Der ehemalige Eurocopter-Angestellte hatte zweieinhalb Jahre lang Hubschrauber-Dokumente an einen russischen Geheimdienst geliefert (AZ berichtete). „Ich bereue die Tat“, versicherte er vor dem Oberlandesgericht München. Der 44-Jährige hatte seit seiner Festnahme im Mai 2007 stets beteuert, dass ihm nicht klar gewesen sei, an wen er die Unterlagen verhökerte. 13000 Euro nahm er mit den illegalen Geschäften ein.

Doch das Gericht nahm dem Schlierseer seine angebliche Ahnungslosigkeit nicht ab. Er habe sehr wohl erkannt, dass sein Geschäftspartner Vladimir V. ein Geheimdienstoffizier gewesen sei. „Er ging davon aus, dass der russische Staat hinter den Beschaffungsbemühungen stand“, urteilte der Vorsitzende Richter Bernd von Heintschel-Heinegg.

Den Geheimdienstmitarbeiter Vladimir V. hatte Werner G. im Jahr 2001 bei einer Russland-Reise kennengelernt, von der er sich neue Geschäftskontakte erhoffte. Stattdessen erwartete ihn an dem Wochenende eine organisierte Orgie: „Der Angeklagte war nahezu den gesamten Aufenthalt in Moskau angetrunken“, schilderte der Richter die Anbahnung der Spionagetätigkeit. Außerdem seien dem (verheirateten) Mann Frauen „für sexuelle Affären“ zur Verfügung gestellt worden.

Der Kontakt zu Vladimir V. blieb auch über den Wochenend-Exzess hinaus bestehen. Später richteten die Männer einen anonymen E-Mail-Account ein, über den alle konspirativen Absprachen erfolgten. Werner G. lieferte Handbücher zu vorwiegend zivilen Helikopter-Typen. Zwei Modelle finden allerdings wohl auch bei der Bundeswehr Verwendung. „Zum tatsächlichen Wert des verratenen Materials konnte der Senat keine gesicherten Feststellungen treffen“, bekannte Richter Bernd von Heintschel-Heinegg.

Mildernd wirkte sich das umfassende Geständnis des Familienvaters aus. Er hatte der Polizei im vorigen Jahr sogar geholfen, den Geheimdienstmitarbeiter Vladimir V. in eine Falle zu locken. „Die Voraussetzungen der tätigen Reue sind erfüllt“, urteilte der Staatsschutzsenat. Außerdem rechnete das Gericht ihm an, dass er – trotz Anfrage – keine Dokumente zu aktuellen militärischen Helikoptern weitergab. Werner G. habe bereits berufliche Nachteile erlitten. Außerdem sei seine Ehe in Gefahr. Bei aller Milde: Den Agentenlohn von 13000 Euro muss der verschuldete Ingenieur trotzdem abgeben.

Julia Lenders

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